Henning Eichler
Bluesharp-Crack aus Dreieich
Artikel der Offenbach Post vom 2. September 2010, Autor Enrico Sauda:
"Das ist ein Instrument, das sonst eher stiefmütterlich behandelt wird und als Spielzeuginstrument verschrien ist", sagt Henning Eichler, dessen CD "Mississippi Saxophone" vor einigen Tagen erschienen ist. Dazu hat er das Projekt "Harmonicana" ins Leben gerufen und eine Schar erfahrener und renommierter Musiker um sich gesammelt. Etwa Chuck Leavell, der schon mit den Rolling Stones, den Allman Brothers oder Eric Clapton zusammen gearbeitet hat. Oder Jan Luley, der früher bei der Barrelhouse Jazz-Band spielte sowie Natalie Putsche, Moderatorin der hr 3-Sendung "Pop und Weck" und Andreas Stroh von der Lounge-Latin-Band „4 To The Bar“, um nur einige Mitstreiter zu nennen. Ein Mal trafen sie sich, um die Lieder gemeinsam zu proben und eventuelle "schwierige Stellen" auszuarbeiten. Aber bereits damals, Mitte vergangenen Jahres, "war klar, dass alles gut laufen würde", erinnert sich Eichler, der auch als Produzent tätig war.
Dem zweifachen Familienvater war es wichtig, "die Entwicklung der Harmonika im sinnvollen Einsatz in ganz vielen verschiedenen Musikrichtungen zu zeigen". Deshalb wählte er für die CD Stücke, in denen gar keine Harmonika vorkommt. "Ich habe sie für die Harp arrangiert und entsprechend bearbeitet", erklärt Eichler, der diesem Instrument selbst seit mehr als anderthalb Jahrzehnten verfallen ist. Die Bandbreite der auf der CD enthaltenen Stilrichtungen reicht vom Blues über R&B bis hin zu Jazz, Bossa und Rumba.
Der „Bedroom Stomp“, der das Album eröffnet, stammt aus der Feder von "Rhythm Willie" Hood, der den Song vor genau 70 Jahren bei einer ersten Session unter eigenem Namen in Chicago aufnahm. Die Platte endet mit „Sonny Bailey“, der einzigen Eigenkomposition Eichlers - als Verbeugung vor den beiden Legenden DeFord Bailey und Sonny Terry, deren Stilistiken Eichler in einem Medley verknüpft. Das Titelstück "Mississippi Saxophone" hingegen führt den Hörer auf eine Reise in den klassischen R&B der 40er und 50er Jahre. Dabei heißt das Stück nicht zufällig so, denn Mississippi-Saxofon ist eine Bezeichnung für Mundharmonika.
"Ich bin eher durch Zufall dazu gekommen“, erinnert sich der Enddreißiger, der sein Spiel perfektionierte, indem er während der Touren seiner Band "Blues Blend" bei befreundeten und renommierten Harmonika-Spielern in den Unterricht ging. "Damals wohnte ich mit dem Pianisten von 'Blues Blend' zusammen. Und während er spielte, griff ich zu einer Harmonika, die dort war, und spielte einfach mit." Der Klang dieses doch relativ unscheinbaren Instruments habe ihn gleich fasziniert und nicht mehr los gelassen: „Sie ist ausdrucksstark, obertonreich, klein, aber sie kann doch so viel“. Meist werde die Harmonika nämlich nur auf den Blues beschränkt. Das aber werde diesem Instrument, von dem Eichler in einem silbernen Koffer etliche in verschiedenen Tonlagen hat, nicht gerecht. "Denn die Mundharmonika wird auch im Blue Grass oder Bebob, aber auch im Jazz sowie in arabischer Musik eingesetzt“. Entstanden ist ein Album, das in den höchsten Tönen gelobt wird. So sagt etwa Klaus "Mojo" Kilian, Musiker und Autor: "Mit seinen Blueswurzeln als Basis und inspiriert von progressiveren Kollegen wie Carlos del Junco und Howard Levy spielt er sich mit diesem Werk in die oberste Liga der Bluesharp."
Henning Eichler ausgezeichnet
Kulturpreis der Stadt Dreieich
"Ich bin einigermaßen überrascht, freue mich aber wahnsinnig", so der hr1-Musikredakteur, der in Dreieich wohnt und mit seiner Band "Blues Blend" längst fester Bestandteil nicht nur der örtlichen Kulturszene ist.
Vor 15 Jahren hatte er die Band in Dreieich im Kreis Offenbach mitgegründet, die mittlerweile national und international erfolgreich ist - "gerade sind wir von einem Konzert in der Schweiz zurückgekommen".
Henning Eichler spielt Mundharmonika - "Harmonicana" heißt das Album, das er 2009 aufgenommen hatte und das im vergangenen Herbst erschienen war: "Eine echte hr-Gemeinschaftsproduktion: Mit von der Partie waren Peter Feil und Heinz-Dieter Sauerborn von der hr-Bigband und Jürgen Schwab vom Bigband-Management, Bernhard Schullan (HF Produktion) hatte als Schlagzeuger für den guten Groove bei diesem Album gesorgt, Natalie Putsche von hr3 hat uns gesanglich unterstützt."
Gleich mehrere Musiker teilen sich in diesem Jahr den Kulturpreis der Stadt Dreieich. Die mit 2.500 Euro dotierte Auszeichnung geht zur Hälfte an Henning Eichler und zur anderen Hälfte an die 14-köpfige Band "Colours of Life" der evangelischen Kirche Dreieich-Götzenhain. Der Termin für die Preisverleihung steht noch nicht fest.