Frank Farian

 

 

Artikel Offenbach Post, 18. Juli 2016:

 

 

Artikel Offenbach Post, 24. Januar 2024:

 

Aus Offenbach in die Welt:

 

Frank Farian gestorben

 

Er war der erfolgreichste deutsche Musikproduzent: Nun ist Frank Farian im Alter von 82 Jahren in seiner Wahlheimat Miami in den USA gestorben. Farian war der Kopf hinter der Disco-Kombo Boney M. und Urheber des Skandals um die Popgruppe Milli Vanilli. Seine Karriere begann im Europasound Studio in der Rathenaustraße in Offenbach-Bieber, wo Hits wie "Daddy Cool" entstanden. Farian, der später auch Stars wie Meat Loaf und Stevie Wonder zu seinen Kunden zählte, hat in seinem Leben über 800 Millionen Tonträger verkauft. phk/Foto: Christian Offenberg/Imago

 

Artikel Offenbach Post, 24. Januar 2024:

 

Vom Koch zum Hitproduzenten

 

Pop-Ikone Frank Farian gestorben - Anfänge in hessischen Tonstudios

 

 

In Rosbach: Farian 1990 mit Milli Vanilli, Foto: dpa
In Rosbach: Farian 1990 mit Milli Vanilli, Foto: dpa

 

Frankfurt - Seine Lieder sind Klassiker der Popmusik und der Soundtrack einer Generation. Ob "Daddy Cool" oder "Rasputin": Wie am Fließband schuf Musikproduzent Frank Farian tanzbare Welthits. Der Durchbruch erstaunte ihn selbst. "Der Erfolg war eine riesengroße Überraschung. Ich hatte immer gedacht, ich schaffe es nicht. Es sah ja auch anfangs nicht danach aus". Nun ist Farian im Alter von 82 Jahren gestorben, in seiner Wahlheimat Miami, wie seine Familie am Dienstag mitteilte. "Vom Studio aus in die Sonne schauen: Das habe ich mir immer gewünscht", sagte er einmal über seinen Umzug in die USA.

 

Als Franz Reuther wurde er am 18. Juli 1941 in Kirn an der Nahe geboren, als Frank Farian stand sein Name für internationalen Erfolg im Musikgeschäft. Seit er Teenies Mitte der 1970er Jahre mit seinem traurigen Hit "Rocky" zum Weinen brachte, trat er selbst kaum noch auf. Als Mann im Hintergrund, als Produzent, begann sein Mega-Erfolg. Etwa mit der Gruppe Boney M.

 

Den ersten Titel "Baby Do You Wanna Bump" (1975) sang Farian selbst. Weil er das vielstimmige Lied auf der Bühne nicht solo aufführen konnte, suchte er eine Band, die den Song präsentieren sollte. Zwei Mitglieder sangen live, zwei weitere bewegten die Lippen. Mit Erfolg: Hits wie "Rivers of Babylon" oder "Ma Baker" sind Popgeschichte. Mit Milli Vanilli folgte ein ähnliches Projekt - das schiefging. Es wurde zum Skandal im Musikbusiness. Der Discopop-Hit "Girl You Know It’s True" der Jugendfreunde Robert "Rob" Pilatus und Fabrice "Fab" Morvan verkaufte sich Ende der 1980er weltweit mehr als 30 Millionen Mal. Das erste Milli-Vanilli-Album wurde in den USA 1989 sechs Mal mit Platin ausgezeichnet, das Münchner Duo gewann einen Grammy für die besten neuen Künstler. Später wurde bekannt, dass die beiden gar nicht selbst gesungen, sondern die Lippen zu den Stimmen professioneller Sänger bewegt hatten. Die Musikwelt war erschüttert.

 

Der Fall gilt bis heute als einer der größten Betrugsskandale der Musikgeschichte. Ein Film von Regisseur Simon Verhoeven erzählt die Geschichte derzeit im Kino. Farian wirkte als Co-Produzent mit, nahm aber nach eigenen Angaben keinen direkten Einfluss und habe der Filmfirma vertraut. Der Film entspreche laut ihm aber zu "weniger als 80 Prozent" der Wahrheit. "Es ist nicht meine erlebte Wahrheit. Deswegen bin ich auch etwas distanziert davon", sagte er der "Saarbrücker Zeitung" vor der Veröffentlichung im Dezember. So sei etwa Sänger Robert „Rob“ Pilatus anders gestorben als im Film. Von der Leistung von Schauspieler Matthias Schweighöfer, der Farian im Film darstellt, zeigte sich Farian begeistert: "Niemand kann so aussehen wie Frank Farian! Aber er verkörpert mich exzellent". Im Interview kündigte er an, dass bald ein neues Milli-Vanilli-Album mit bislang unveröffentlichten Songs erscheine. Der Erfolg auch mit Bands wie Eruption und No Mercy war ihm nicht in die Wiege gelegt. "Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, er fiel vor meiner Geburt im Krieg. Meine Mutter war meine persönliche Trümmerfrau. Sie hat alle Steine aus dem Weg geräumt und mir alles ermöglicht, obwohl wir kein Geld hatten." Mit 14 zog er zu Verwandten ins Saarland und lernte Koch, "weil ich ständig Hunger hatte dachte, da habe ich immer etwas zu essen".

 

Die musikalischen Anfänge waren bescheiden. Einmal steckte ihm der Pfarrer einen Groschen zu, weil er "Der Mond ist aufgegangen" schön gesungen hatte, "meine erste Gage". Mit der Band Die Schatten nahm Farian 1963 in einem früheren Stall die erste Platte auf.

 

Vom Saarland ging es nach Hessen, in ein Tonstudio in Rosbach bei Frankfurt, später nach Miami, und zum Beispiel mit Boney M. zu Konzerten nach Moskau. Wenn Farian darüber sprach, klang seine Stimme ernst. "Ich denke oft daran, wie wir auf dem Roten Platz getanzt haben", erzählte er. "Mein Vater ist in Russland gefallen, und ich bin dort ein gefeierter Star. Das kann man sich nicht erträumen." Er gewann Goldene Platten und feierte Chart-Erfolge, doch das Geheimnis seines Erfolges habe er nicht entschlüsseln können. Beim Song mischen , habe er an seine Zeit als Koch gedacht. "Es geht immer um die Zutaten. Man kann zwar sagen, man wird Musiker, aber vieles ist Glück. Erfolg ist nicht planbar." Freude am Leben und an der Arbeit waren ihm wichtig. Andere Wünsche, sagte er zu seinem 80. Geburtstag, habe er nicht. "Es ist mir ja fast alles gelungen. Ich lebe den amerikanischen Traum auf Deutsch."