Matchbox Blues Band

Klaus "Mojo" Kilian (voc, harp, g), Tillmann Suhr (g), Manfred Häder (g),

Tom Knauer (g), Johannes Krayer (g), Christoph Oeser (p),

Doris Assenheimer (sax), Thomas Feldmann (sax),

Thomas Schilling (b), Georg Viel (dr)

 

Artikel Offenbach Post, 30. August 2024:

 

Wer zum Konzert kommt, bleibt

INTERVIEW - Matchbox-Frontmann Klaus Killian spricht über Wurzeln des Blues

 

Hält sich an den ursprünglichen Klang: Blues-Musiker Klaus Kilian. Foto: Klemt
Hält sich an den ursprünglichen Klang: Blues-Musiker Klaus Kilian. Foto: Klemt

 

Hainburg – Wenn am Samstag, 31. August, die Matchbox Bluesband beim Kleintierzüchterverein Hassia loslegt, erlebt Klein-Krotzenburg eine der ältesten noch aktiven Blues-Formationen der Republik. Traditionell besetzt, spielt das Quartett bevorzugt den Old Blues, der in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts den Jazz geformt und die populäre Musik unserer Tage nachhaltig geprägt hat. Gründer und Frontmann Klaus Kilian (63), im Zivilberuf Lektor und Übersetzer bei einer Frankfurter Werbeagentur, ist seit seiner Schulzeit als Musiker unterwegs. Mit der Mundharmonika (Blues Harp), als Sänger und Gitarrist genießt Kilian hohe Anerkennung.

 

Herr Killian, wieso der Blues – warum ist das Ihre Musik?

 

Schwer zu sagen, ich spiele das jetzt schon so lange. Habe 1974 angefangen, die Musik zu hören, ab 75 dann Gitarre und Mundharmonika gelernt und 77 meinen ersten Auftritt gehabt. Damals habe ich allein gespielt, die Mundharmonika im Gestell und Gitarre dazu – richtig schrammelmäßig. Ich hatte das große Glück, ein paar ältere Blues-Fans kennenzulernen, die die alten Originale gehört haben. Von denen habe ich Schallplatten bekommen, das hat mir damals sehr viel gebracht. Dann hatte ich auf dem Schiller-Gymnasium einen Bio- und Chemielehrer, der Blues-Musiker war. Über ihn bin ich in die Frankfurter Blues-Szene reingekommen und habe erst einmal ein bisschen mitgespielt.

 

Und nach ein paar Jahren schon die Matchbox Bluesband gegründet. Wie ging das zu?

 

1982 war das, ich erinnere mich noch genau. Ich war 22, blutjung. Es gab da einen Schlagzeuger, der hatte eine Werbeagentur und trommelte Blues-Musiker für ein Sommerfest zusammen. Da bin ich hin, wir haben uns super verstanden und gesagt: Das könnten wir eigentlich öfter machen. Horst – der Schlagzeuger – hat dann einen Auftritt arrangiert und wollte die Band Hot Matches nennen. Das klang mir zu sehr nach Dixieland, die Streichholz-Idee gefiel mir aber und ich habe Matchbox Bluesband vorgeschlagen – nach dem Matchbox Blues von Blind Lamont Jefferson. So haben wir’s dann gemacht.

 

Wie hat sich Matchbox seither entwickelt? Ist außer Ihnen noch jemand von den Gründern dabei?

 

Es gab viele Besetzungswechsel, wie das so geht bei Bands. Anfangs konnte ich meine Vision von traditionellem Blues nicht ganz verwirklichen, musste Kompromisse eingehen. Ende der 1980er waren dann die Musiker von der alten Frankfurt City Bluesband fast alle bei mir in der Band. 1987 haben wir die erste LP gemacht. Das war alles gut, hat Spaß gemacht, aber der Schlüsselmoment war 1991 die Begegnung mit Bernd Simon. Der ist bei einer Session in Bornheim aufgetaucht, ich habe ihn mit der Gitarre gehört und sofort gesagt: Das ist es. Die erste gemeinsame Probe war ein Aha-Erlebnis.
Schlagzeuger war damals schon Georg Viel und blieb das bis vor acht Jahren, als Thomas Frömming kam. Wann Wolfgang Lieberwirth mit seinem Kontrabass dazu gekommen ist, weiß ich nicht mehr genau, aber wohl auch schon 1991. Wolfgang ist eigentlich Maler und öfter mal auf Reisen, auch viel in der Rock'n'Roll-Szene unterwegs. Für den Matchbox-Sound ist er unverzichtbar, weil er so sauber spielt und unglaublich groovt.

 

Was macht den Matchbox-Klang aus?

 

Die meisten Blues-Musiker in Deutschland kommen aus der Blues-Rock-Ecke. Sie hören Eric Clapton, Rolling Stones, ZZ Top oder Led Zeppelin. Dann gehen sie zurück zu den Wurzeln und entdecken Leute wie Muddy Waters, Little Walter oder Howling Wolf.
Bei mir war das anders, ich war von Anfang an auf die alten Sachen geeicht, habe mich auch intensiv damit beschäftigt. Wenn ich schon Sachen nachspiele und eigene Interpretationen mache, dann orientiere ich mich an den Originalen.
Im Duo mit Bernd gehen wir noch weiter zurück, in die 1920er-Jahre. Das sind dann die Wurzeln. In der Band ist auch wichtig, dass alle vier singen. Sowas machen nicht allzu viele. Beim Auftritt kommt das scheinbar mühelos rüber, macht aber die eigentliche Probearbeit aus. Die mehrstimmigen Backing Vocals, das ist richtig Arbeit.

 

Gibt es eigentlich so etwas wie neuen Blues?

 

Im traditionellen Blues-Bereich kann man wenig Neues machen – ein paar schöne Arrangements, vielleicht eigene Texte dazu. Musikalisch ist das relativ überschaubar. Wenn Bluesbands heute eigene Sachen spielen, sind meistens andere Einflüsse dabei, besonders aus der Rock-Richtung. Wir sind konsequent, halten uns an den traditionellen Blues. Es gibt so viele schöne alte Sachen, die man spielen kann. Ab und zu fällt mir auch was ein, dann mach ich einen eigenen Text und dazu ein Arrangement. Drei, vier eigene Sachen haben wir im Programm.

 

Zum Jazz hin grenzen Sie sich klar ab, oder?

 

Nö, Überhaupt nicht. Wer Modern oder Free Jazz hört, kann mit unserer Musik nichts anfangen, weil die ihm zu primitiv ist. Bei traditionellem Jazz-Publikum kommen wir sehr gut an, weil wir eben keinen Blues Rock spielen, sondern eher swingend. Bei uns rockt es auch mal, da geht die Post ab, aber das geht dann eher in Richtung 50er-Jahre-Rock’n’Roll, der aus dem Rhythm’n’Blues der 40er entstanden ist. Das geht nahtlos ineinander über. Der traditionelle Blues, den die Matchbox Bluesband spielt, ist näher am Swing Jazz. Es muss grooven, es muss swingen – keine Hau-Drauf-Musik.

Wo liegen Ihre Berührungspunkte zum Jazz?

 

Im traditionellen Jazz spielt der Blues eine Riesenrolle. Ich habe mal eine Weile beim Blues-Programm von Barrelhouse mitgespielt, das ist eine sehr bluesige Jazzband. Bernd und ich machen im Hanauer Jazzkeller jeden ersten Mittwoch im Monat eine akustische Blues-Session.

 

Und die echten Blues-Hörer – werden die weniger?

 

Manchmal schaut man von der Bühne ins Publikum und denkt, oje, die sind in zehn Jahren nicht mehr alle da. Es gibt auch wieder jüngere Musiker, die Blues spielen, aber ja, das Publikum für unsere Musik wird kleiner. Blues war immer eine Nischenmusik. Die Leute müssten mehr damit in Berührung kommen, aber er wird eben nur selten gespielt. Wenn aber doch, sind die meisten begeistert. Wenn Leute zufällig reingeraten und auf ein Konzert von uns kommen, ist noch keiner gegangen, weil es ihm zu langweilig war.

 

Das Gespräch führten Oliver und Karin Klemt