Marco Pleil

 

 

Artikel Offenbach Post, 23. Februar 2021:

 

 

Allein mit der Gitarre

 

Obertshausener Marco Pleil veröffentlicht sein erstes Soloalbum

 

 

Mit der Vinyl-Single „Liebe Grüße!/Jazz ist keine Option“ beteiligt sich der Obertshausener Musiker Marco Pleil an der Aktion „Hessen kulturell neu eröffnen“. © Kinsler
Mit der Vinyl-Single „Liebe Grüße!/Jazz ist keine Option“ beteiligt sich der Obertshausener Musiker Marco Pleil an der Aktion „Hessen kulturell neu eröffnen“. © Kinsler

 

Da half nur noch Galgenhumor. "Pünktlich zur Pandemie", sagt Marco Pleil, sei sein neues Album "Die Spur des Kalenders" (Timezone) erschienen. Er hatte es auf den 10. April vergangenen Jahres terminiert. Da war im ersten Lockdown an keine große Record-Release-Party zu denken, an eine Tournee schon gar nicht.

 

Obertshausen – Die Hoffnung, die Pandemie könne sich als zeitlich befristetes Phänomen schnell erledigen, erfüllte sich nicht. "Um nicht im Strudel der Zeit verschluckt zu werden, entschied ich mich dann für eine kleinere Variante", erinnert sich der Sänger und Gitarrist. Das Konzert fand schließlich unter Hygiene-Bedingungen im luftigen Biergarten der Kulturhalle Schanz in Mühlheim statt. Hauptsache "direkt vor der Haustür", wie es sich der Musiker für die Premiere seines Debüts unter dem griffigen Kürzel Pleil gewünscht hatte.

 

Marco Pleil: "Ich bin ein Rhein-Main-Kind"

 

"Ich bin gebürtiger Offenbacher, wohne in Obertshausen und bin seitdem ich in Bands spiele Teil der Frankfurter Musikszene", positioniert sich Pleil und räumt mit der Mär auf, er sei auch mal "Wahl-Berliner"gewesen: "Wir haben das letzte Cloudberry-Album 2009 und 2010 in Berlin produziert und ich habe sehr viel Zeit dort verbracht. Aber im Gegensatz zu David Bowie oder Iggy Pop konnte ich keine Bindung zu der Stadt aufbauen." Sein klares Bekenntnis lautet: "Ich bin ein Rhein-Main-Kind."

 

Der Name ist schon gefallen. Cloudberry. 1999 gegründet nahm das Projekt an Fahrt auf, als Pleil auf ein festen Live-Trio setzte. Der von Nikolai Potthoff (Tomte) produzierte, letzte Longplayer der Gruppe, "The Closer We Get", wurde sogar im Rolling Stone-Magazin gewürdigt. "Ich habe Cloudberry immer als eine gesunde Mischung aus amerikanischem Indie-Rock wie Sebadoh oder Lemonheads, sowie Britpop von Oasis und Konsorten, empfunden", bekennt Pleil. "Mit The Cure, Joy Division und New Order bin ich aufgewachsen und sie sind bis heute mein größter Einfluss." Robert Smith & Co waren sogar Namenspate mit ihrem Song "Cloudberry". Das Trio "Cloudberry" stand stets kurz vor dem Durchbruch. "Allerdings hatten wir dabei das große Talent, immer konsequent an jedem Zeitgeist vorbei zu segeln, haben uns so auch nie irgendwie angebiedert." So war das Konstrukt Band irgendwann erledigt, der Soloweg beschlossene Sache. "Weil ich auf gewisse Sachen einfach keine Lust mehr hatte und vor allem keine Nerven mehr dafür."

 

Marco Pleil: "Mein Gitarrenspiel ist weiterhin nicht sonderlich filigran"

 

Allein und nur mit einer Gitarre bewaffnet sah sich Marco Pleil plötzlich als Singer/Songwriter tituliert. Er spiele Gitarre, schreibe Songs und singe dazu. "Schon bin ich drin in der Schublade, in die ich nicht rein möchte und in der ich mich gar nicht sehe", kommentiert Pleil mit Achselzucken. "Mein Gitarrenspiel ist weiterhin nicht sonderlich filigran und mein Songwriting ist nach wie vor tief im Drei-Akkorde-Post-Punk verwurzelt. Wer sich ´Die Spur des Kalenders’´anhört, wird genau verstehen, was ich meine." Ekki Maas von der Kölner Band Erdmöbel, der erste Stücke mit Pleil aufnahm, kam mit der plakativen Formel "Der Billy Bragg von Frankfurt" um die Ecke. "Eine angezerrte Telecaster-Gitarre, die schrammelige Performance - das war für Ekki wohl Anlass genug, mich so zu nennen", mutmaßt der 47-Jährige. "Die Spur des Kalenders" ist eher schroff als sanft, minimalistisch statt monumental, Ausdruck von High Energy-Melancholie obwohl das wie eine Paradoxie klingt. Ist Pleil also auf der Suche nach dem Plätzchen zwischen Schwermut und Euphorie? "´Die Spur des Kalenders´ ist eine Kollektion von sieben Jahren Songwriting mit vielen Konzerten, Eindrücken und Erfahrungen", erläutert der Obertshausener. "Dass das Album am Ende doch ein ziemlich emotionaler Brocken geworden ist, wurde mir erst bewusst, als ich die ersten Kritiken gelesen habe. Vieles ist unterbewusst geschehen und somit schwer zu erklären."

 

Mit der Vinyl-Single "Liebe Grüße!/Jazz ist keine Option" hat Pleil jetzt nachgelegt. Es ist sein Beitrag zur Aktion "Hessen kulturell neu eröffnen" der Hessischen Kulturstiftung. Da niemand weiß, was in nächster Zeit passiert, konzentriert sich Pleil "möglichst auf die guten Sachen." "Im Moment schaue ich viel Filme, gehe spazieren, schreibe Songs und habe jetzt ein kleines Heimstudio." Die Arbeit am zweiten Album hat längst begonnen. (Detlef Kinsler)

 

 

Artikel Offenbach Post, 20. August 2021:

 

 

Ohren auf in Obertshausen:

 

Marco Pleil spielt an mehreren Orten im Stadtgebiet

 

 

Marco Pleil freut sich auf die Möglichkeit, seine Songs wieder live zu spielen. © P
Marco Pleil freut sich auf die Möglichkeit, seine Songs wieder live zu spielen. © P

 

"Ich bin total gespannt und kann das noch gar nicht einschätzen", fasst Marco Pleil seine Gefühle im Hinblick auf den heutigen Abend (20.August 2021) zusammen. Dann wird er nämlich ab 18 Uhr gemeinsam mit Bürgermeister Manuel Friedrich auf einer mobilen Bühne durch das Stadtgebiet fahren und an ausgewählten Orten Halt machen. "Der Plan ist, dass Manuel Friedrich ein paar Worte sagt, ich dann drei, vier Songs spiele und wir dann weiterfahren", erläutert der 47-jährige Musiker das Konzept von "Music to go".

 

Obertshausen – Pleil selbst ist zwar gebürtiger Offenbacher, lebte aber die ersten 14 Jahre seines Lebens in Hausen, um später dann nach Obertshausen umzuziehen – wenn er der Musik wegen nicht gerade in der Weltgeschichte unterwegs ist. "Mein erstes Konzert habe ich, wenn ich mich recht erinnere, an Silvester 1990 im Feuerwehrhaus in Hausen gegeben."

 

Bereits an der Herman-Hesse-Schule ist Pleil Teil der Schulband, ehe er mit zwei Freunden aus Obertshausen die Band "Strange" gründet. "Wir hatten uns eigentlich nach dem Lied "A Strange Day" von The Cure "The Strange Days" genannt – haben es dann aber einfach auf "Strange" gekürzt“, erläutert der 47-Jährige. Nach der Auflösung von "Strange" gründet Pleil dann die Band "Cloudberry", mit der er gemeinsam bis 2011 Musik macht.

 

Pleil singt und textet nun auf Deutsch

 

Dann folgte eine Veränderung. Pleil will sich bewusst von seinen bisherigen Musikgruppen absetzen und beginnt damit, auf Deutsch zu texten und zu singen. Dies sorgt auch dafür, dass er häufig in die Kategorie "Singer/Songwriter" gepackt wird, womit er nicht ganz einverstanden ist. "Ich habe eher musikalische Einflüsse aus dem amerikanischen College-Rock oder dem sogenannten Brit-Pop", klärt der Obertshausener auf, "das ist eher die Richtung, aus der ich komme".

 

Die Umstellung von englischen auf deutsche Texte ist dem Musiker nicht schwer gefallen. "Das ist mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen." Dabei entstehen die Texte eher intuitiv. "Es ist nicht so, dass ich mich hinsetze und über ein bestimmtes Thema schreiben möchte", erläutert Pleil, der im vergangenen Jahr mit "Die Spur des Kalenders" ein Soloalbum veröffentlicht hat. "Manchmal schreibe ich 40, 50 Zeilen totalen Quatsch, den ich erst sortieren muss, nur um am Ende dann etwas Gutes zu bekommen." Manchmal merkt er jedoch auch erst im Nachhinein, welche tiefere Botschaften in seinen erarbeiteten Texten strecken, gibt er zu.

 

Freude auch beim Bürgermeister

 

In Hinblick auf die heutige Veranstaltung ist der Musiker sichtlich aufgeregt. "Ich bin nervöser als vor meinen gewöhnlichen Konzerten, weil ich diese ganze Sache überhaupt nicht einschätzen kann." Generell finde er aber toll, dass mit der Aktion Künstlern, die sich nicht auf das Covern von anderen Bands oder Sängern beschränken, sondern die etwas eigenes machen, somit eine Bühne gegeben werden kann. "Die Situation für kleinere Künstler, die eigene Songs spielen, hat sich sei Corona noch verschlechtert", weiß er. Daher findet der Musiker es großartig, dass die Stadt ihm nun diese Möglichkeit gibt.

 

Auch Bürgermeister Manuel Friedrich freut sich, dass die Veranstaltung in dieser Form stattfinden kann. "Wir hatten mit ´DJ to go´ im vergangen Jahr eine ähnliche Veranstaltung, mit der wir auch schon erfolgreich waren", sagt Friedrich.

 

Veranstaltungsorte sind noch geheim

 

 

Auf Pleil sei die Entscheidung aus mehreren Gründen gefallen, erläutert der Rathauschef. "Wir hatten im vergangenen Jahr schon mehrere Veranstaltungen geplant und wollten diese nun in einer anderen Form nachholen." Zudem komme Pleil aus Obertshausen und biete von der Musikrichtung her eine Alternative zu dem Angebot im vergangenen Jahr.

 

Die Orte, an denen Pleil spielen wird, werden vorher nicht veröffentlicht, um zum Einen wegen der Corona Pandemie größere Menschenansammlungen zu vermeiden und zum Anderen, um den Überraschungseffekt zu wahren. Ab 18 Uhr wird die mobile Musiktruppe mit orangefarbenen Bauhoffahrzeug sowie den gelb-blauen Begleitfahrzeugen der Maingau im Stadtgebiet unterwegs sein. (Von Jan Max Gepperth)