Rodgau Monotones
Wer in den fortgeschrittenen 70er-Jahren des letzten Jahrtausends mehr als drei Akkorde drauf hatte und glaubte sämtliche Varianten des Blues-Schemas schon zur Genüge durchexerziert zu haben, fühlte sich - der eigenen musikalischen Genialität gewiss – zu dem berufen, was man damals gemeinhin Jazzrock zu nennen pflegte. Krumme Takte, gewagte Harmonien jenseits von "All Right Now", kühne Klangexperimente plus (natürlich) die Einbeziehung fernöstlicher Melodik und Rhythmik. (Hatte obendrein den Vorteil, dass man keinen gescheiten Sänger brauchte, weil: Jazzrock ging auch ohne!)
Nun war die Zahl derjenigen, die in jener Zeit wirklich mehr drauf hatten, als irgendwelche müden Steppenwolf-Born-To-Be-Wild-Interpretationen abzuliefern, überschaubar bis klein. Und die eingeschworene Schar derer, die es zu einem gewissen Maß an Virtuosität auf ihrem Instrument gebracht hatten … siehe oben.
Und zwar alle … ohne Ausnahme!
Das heißt: Eine Ausnahme gab es doch:
In einem kleinen Dorf im Kreis Offenbach traf sich 1977 eine verwegene Schar von Musikern, die sich ihre Finger bereits eine Zeit lang in diversen ambitionierten Jazzrockbands wund gespielt hatten, um gemeinsam zurückzufinden zu weniger Ernst, mehr Lautstärke und einem Repertoire, das zwar den ehemaligen Jazzrock-Kollegen zu primitiv, dafür aber partytauglicher war.
Im Einzelnen waren das Ali Neander (vorher u.a. Gitarrist bei der Jazzrockformation "HÄM"), Raimund Salg, Joachim "Joky" Becker am Bass und Schlagzeuger Jürgen "Mob" Böttcher“ (vorher u.a. bei "Hartz Reinhard Revival").
Zu allem Überfluss hatte sich dieses Quartett der Instrumentalisten zur Komplettierung der Band noch einen Sänger mit ins Boot geholt, der wirklich singen kann: Peter Osterwold (vorher ebenfalls bei "Hartz Reinhard Revival").
Auf diese Weise entstand wahrscheinlich die weltweit erste Band, der es gelang, musikalisch bewusst unter ihren eigentlichen Möglichkeiten zu spielen und zwar zunächst hauptsächlich mit Cover-Versionen von ZZ-Top.
Später erweiterte dann auch der ein oder andere Queen-Song die musikalische Bandbreite und nachdem 1978 Henny Nachtsheim (vorher u.a. bei "Space Fart" und "Hartz Reinhard Revival") als Saxophonist und (zunächst nur gelegentlicher) Co-Sänger zur Band stieß, konnten sich die Monotones nunmehr sogar an die ein oder andere Nummer von Police wagen, denn Henny traf zwar nicht jeden Ton auf seinem Instrument, dafür aber gesangstechnisch die hohen von "So Lonely".
Als Anfang der 80er die ersten zarten Sprosse der "Neuen deutschen Welle" keimen, tauchen mit "Blaue Augen" zum ersten Mal auch deutsche Texte im Live-Programm der Monotones auf. Eine Coverversion des Drafi-Deutscher-Gassenhauers "Marmor, Stein und Eisen bricht" erscheint 1980 als erste Single.
Zwei Jahre später dann das erste Album "Wollt ihr Musik, oder was?". Auf dem zweiten Album "Fluchtpunkt Dudenhofen" 1983 dann der erste Hit "Ei, gude wie". Wiederum ein Jahr später die erste Chartsingle "Die Hesse komme!" – bis heute die heimliche Hessenhymne, mit der die Band schließlich auch bundesweit Bekanntheit erlangt. 1985 dann (fast folgerichtig) der Auftritt beim legendären "Rockpalast".
Es folgt ein Phase des Umbruchs: 1987 stößt Saxophonist und Bluesharpspieler Achim Farr zur Band. 1990 verlässt Henny Nachtsheim die Monotones und wird nach einer Denkpause 1992 durch Kerstin Pfau ersetzt. Mit Martin Dörsam, der 2002 den Job des Saxophonisten übernimmt, kommt das vorübergehende Besetzungskarussell zum Stillstand. Zwischenzeitlich mehr oder weniger feste Bandmitglieder bzw. Gastmusiker im Bläsersatz: Christian Schneider, Jo Reitz, Joachim Kunze, Thomas Wimbauer, Heinz-Dieter Sauerborn.
Artikel Offenbach Post, 5. März 2018:
Abschiedstournee - Ende offen
Rodgau - Vier Jahrzehnte auf der Bühne: Den Rodgau Monotones ist das Kunststück geglückt. Seit 1978 ist die Band zusammen – und das in fast unveränderter Zusammensetzung.
Ihre größten Erfolge feierten die Monotones in den 1980er Jahren, doch auch im betagten Alter ist es noch längst nicht still um sie geworden. Frontmann Peter Osterwold erinnert sich im Interview mit Michael Bauer und blickt nach vorn.
Wie haben es die Monotones geschafft, 40 Jahre lang zusammenzubleiben, ohne dass man sich so auf die Nerven geht, dass die Band auseinanderbricht?
Es macht nach wie vor unheimlich Spaß, mit den alten Nasen Musik zu machen. Wir hatten nach Henni Nachtheims Weggang ein Jahr Pause. Doch es gab immer wieder Nachfrage, und wir haben überlegt, wie es weitergeht. Dann haben wir in einer Silvesternacht unsere Kerstin (Pfau) gehört, sie war damals 19 Jahre alt. Die haben wir einfach angesprochen. Sie war großer Monotones-Fan und kannte zum Glück die meisten Texte. Dann haben wir eine Probe mit ihr gemacht und ein Bandfoto, und somit war sie dann Mitglied.
Wie erklärt sich der Erfolg über so viele Jahre?
Ich denke, das Publikum spürt, dass wir auf der Bühne Spaß haben. Wir haben schon viele Bands erlebt, die sind links von uns hoch, waren groß in den Charts und den Fernsehsendungen, und die kamen dann auch irgendwann rechts von uns wieder runter. Wir sind immer so vor uns hingedümpelt. Ich kenne außerdem keine Band in Deutschland, die zwei so tolle Gitarristen hat und so einen fetten Sound auf die Bühne bringt und die sich auch noch so gut versteht.
Was sind Ihre persönlichen Lieblingsstücke?
„Hesse komme“ ist ein Muss - das ist so wie „Satisfaction“ bei den Stones. Aber das macht nix, das macht nach wie vor immer Riesenspaß. Und „Normale Härte“ ist ein Stück, das mir auch gut gefällt und das über die Jahre besser geworden ist. Und außerdem haben wir so viele Balladen, damit könnten wir eine eigene CD füllen. Wir haben uns immer wieder einmal überlegt, ein solches Album zu Weihnachten herauszubringen.
Was waren in den 40 Jahren die Höhepunkte?
Das erste große Ding war sicherlich unser Auftritt am Bieberer Berg in Offenbach mit Santana, Bob Dylan und Joan Baez. Das war der Knaller. Und natürlich die großen Festivals in den 80er Jahren zum Beispiel mit Deep Purple, Marius Müller-Westernhagen und Herbert Grönemeyer. Und das Festival 1986 in Wackersdorf vor rund 90 000 Leuten war natürlich der Hammer. Aber es gab auch viele, viele wunderbare Festzelt-Auftritte. Nicht zu vergessen ist der Auftritt 1985 beim „Rockpalast“ in der Essener Grugahalle. Da hatten wir vorher am gleichen Abend noch eine Fernsehaufzeichnung bei „Einer wird gewinnen“ mit Hans-Joachim Kulenkampff. Da haben wir „Hallo, ich bin Hermann“ kredenzt und sind dann im kleinen Privatflieger von Saarbrücken nach Essen geflogen.
Ging denn immer alles glatt auf der Bühne?
Bei unserem Auftritt in Wackersdorf wurde der Strom, wie damals üblich, von riesigen Generatoren geliefert. Da hatten die Spezialisten tatsächlich vergessen, Diesel nachzukippen, und plötzlich kam nichts mehr aus der Anlage. Wir haben dann unplugged für die ersten drei Reihen gemacht (lacht), bis wir wieder Strom hatten. Und bei einem Konzert vor ein, zwei Jahren irgendwo im Osten ist dann tatsächlich für eine ganze Stunde komplett der Strom ausgefallen. Dort standen überall Kerzen, und wir haben fast unser ganzes Konzert mit akustischen Instrumenten gespielt. Der Mob (Schlagzeuger Jürgen Böttcher) hat sich aufs Cajon gesetzt, Ali (Gitarrist Albrecht Neander) in die Wandergitarre gegriffen. Die Leute fanden’s klasse (lacht).
Vergessen Sie auch mal Textpassagen?
Natürlich. Ich habe schon immer meinen Notenständer mit den Texten dabei; der gehört dazu. Das Komische ist ja: Wenn man auf die Bühne geht, schaltet man beim Singen so eine Art Autopilot ein und die Texte sind da. Wenn man aber dann während des Singens anfängt, über die Texte nachzudenken, dann geht das schon mal in die Hose. Aber Kollegin Kerstin ist sehr textsicher und springt dann auch mal ein.
Hat es die Monotones mitunter geärgert, in die „Mundart-Rocker“-Schublabe einsortiert zu werden?
Am Anfang war es ein bisschen komisch. Da hieß es immer, wir seien die „hessischen BAP“. Zunächst mal bin ich gar kein Hesse...
Sondern?
Ich wurde in Wolfenbüttel im schönen Niedersachsen geboren, wo man richtig Hochdeutsch spricht. Henni zum Beispiel ist in Wuppertal auf die Welt gekommen, Ali in Hamburg und Kerstin in Saarlouis. Man fühlt sich im Lauf der Jahre schon als Hesse, und das ist auch alles prima. Aber wir singen ja nicht durchweg hessisch. Das könnte ich auch gar nicht, und das ist dann auch gar nicht so lustig. Bei „Ei Gude wie! Wo machst’n hie?“ ist diese Zeile beispielsweise auch das einzige Hessische. Bei „Erbarme“ ist nur der Rap hessisch. Um auf die Frage zurückzukommen: Früher hat das mit den „hessischen BAP“ etwas genervt, mittlerweile ist mir das egal.
Wie geht es denn weiter?
Ich habe heute beschlossen: Das Konzert zum 40-jährigen Jubiläum wird das erste von unserer weltweiten Abschiedstournee ...
Wie bitte?
...die aber nach hinten offen ist. (lacht herzlich) Irgendwie sind doch zurzeit alle auf Abschiedstournee: Elton John, die Stones...
Also gibt es doch Chancen für eine goldene Hochzeit?
Solange wir das in irgendeiner Form hinkriegen, warum nicht? Ich werde dieses Jahr 68. Ich weiß nicht, ob ich in zehn Jahren noch in der Lage bin. Die Monotones-Songs sind aber für meine Stimme nicht so anstrengend wie beispielsweise die von Deep Purple mit meiner Coverband „Die Bärbel im Rock“.
Und die anderen Band-Mitglieder?
Die Kerstin ist die Jüngste von uns, die wird das mit Sicherheit noch können. Im Moment haben jedenfalls alle noch Bock. Anstrengend ist das natürlich immer für den Schlagzeuger, aber der Mob hält sich fit, der macht ja Sport. (dpa)
Artikel Offenbach Post, 26.Oktober 2018:
Druckfrisches Buch erzählt über Hessens älteste Rockband
Rodgau - Die Rodgau Monotones gibt es nicht nur auf der Bühne, auf Tonträgern und DVD, sondern jetzt auch zwischen Buchdeckeln. Von Ekkehard Wolf
"Wollt ihr Musik, oder was?" ist nicht nur Pflichtlektüre für Fans, sondern erinnert auch an den Zeitgeist der 80er- und 90er-Jahre und liefert Einblicke in das Musikgeschäft.
"Die ganze Geschichte der Rodgau Monotones" verspricht der Untertitel des schwergewichtigen Schmökers. Autor Oliver Zils hat eine Fülle an Material zu einer unterhaltsamen Erzählchronik
verdichtet, die im Detail auch für Beteiligte überraschend ist. „"ch habe aus dem Buch viel Neues erfahren", lacht Sänger Peter Osterwold. Gemeinsam Erlebtes hört sich in den Erinnerungen
unterschiedlich an.
Als Paradebeispiel dafür nennt Oliver Zils ein Ereignis beim Frankfurter Festival "Rock gegen Rechts" 1980, als Autonome auf die Bühne drängten und über Hausbesetzungen reden wollten. "Davon habe ich acht verschiedene Versionen gehört", sagt Zils. Unbestritten ist jedoch, dass Osterwold ins Mikrofon rief: "Sag mal, wollt ihr Musik, oder was?" In der politisch aufgeheizten Atmosphäre löste er damit ein Pfeifkonzert aus. Zwei Jahre später stand dieser Satz als Titel auf dem Cover der ersten Monotones-LP: "Wollt ihr Musik, oder was?".
Innerhalb kurzer Zeit stiegen die Monotones von der regionalen Waldfest-Band zu bundesweiter Bekanntheit auf. Der Autor zeigt nicht nur die Fassade, sondern erzählt auch von der Arbeit dahinter, von Problemen in der Gruppe, von Gefühlen wie Neid und Eifersucht. Vielleicht noch wichtiger: Er erzählt die Bandgeschichte vor dem Hintergrund des Zeitgeistes und der Zeitgeschichte.
"Das Buch zeigt über uns hinaus, wie die Zeit war und wie Gruppen funktionieren", sagt Gitarrist Albrecht ("Ali") Neander. Damit hebt sich das Buch aus seiner Sicht positiv von gängigen Band-Biografien ab, die nur die Eitelkeit befriedigen: "So fürchterlich wichtig sind wir doch nicht."
Eine lockere Gelassenheit, das Sich-selbst-nicht-wichtig-Nehmen und viel Selbstironie strahlen die Monotones nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Gespräch aus. Oliver Zils bezeichnet die Band im besten Sinn als unprätentiös: "Sie hatte nie eine Attitüde, hat sich nie um ein Image bemüht."
"Wir waren bei unserer Gründung schon altmodisch", sagt Ali Neander. Statt Punk, der damals angesagt war, spielten die Monotones die Stücke von ZZ Top. Auch später machten sie immer ihr eigenes Ding, ohne jeder Mode hinterherzulaufen. Neander: "Das gibt eine gewisse Unabhängigkeit."
In den Zeiten ihrer größten Bekanntheit traten die Rodgauer als Vorgruppe vor Berühmtheiten wie Tina Turner, Bob Dylan oder Status Quo auf.
"Das war ein Kampf ums Überleben", erinnert sich Ali Neander an einen Auftritt vor Deep Purple: "Die 50 000 Fans waren ja nicht wegen uns gekommen."
Die Monotones spielten vor 90.000 Leuten in Wackersdorf und vor ein paar hundert auf dem Dorf – auch in Orten mit skurrilen Namen wie Niederbrechen, Linsengericht und Etzen-Gesäß. Viele Fans haben schon -zig Konzerte miterlebt. Sie sind mit den Musikern älter geworden. Aber immer wieder sieht man auch Zehnjährige vor der Bühne, die alle Texte auswendig können. "Wir sind auf Abschiedstournee mit offenem Ende", sagt Peter Osterwold. Und Ali Neander merkt grinsend an: "Ich glaube, wir werden erst im Sarg von der Bühne getragen."
Artikel Offenbach Post, 1. August 2020:
Rodgau Monotones: "Leidenschaftlich laut"
Wenn sich Jürgen "Mob" Böttcher bei den Rodgau Monotones an und über sein Schlagzeug warf, kam zuverlässig ein durchgängig gut gelauntes, „leidenschaftlich lautes“ (Mob) Ein-Mann-Überfallkommando in Gang, das den Sound der Monotones prägte. Und das bis zum Schluss eines jeden Konzerts. Nun, nach 43 Jahren, muss das erste Ur-Mitglied aus der Band ausscheiden.
Rodgau - "Aufgrund meines immer heftiger werdenden Tinnitus bin ich gezwungen, meine Drummer-Karriere zu beenden", bedauert Böttcher. Wie ihn seine Fans kennen und lieben, unaufgeregt und locker, geht er damit um: "Manchmal muss man Dinge, die man nicht ändern kann, einfach akzeptieren. Das gelingt mir ganz gut - oder wie wir gerne sagen: Es is' wie es is'."
Die überwältigende Resonanz und Anteilnahme vieler Fans und Musikerkollegen hat Böttcher "ziemlich geflasht". Olaf Mill, enger Freund, der bei keinem Monotones-Fest auf der Bühne fehlt: "Es war immer geil, dich hinter der Kiste ackern zu sehen." Und zwei Fans auf Facebook: Christian M. Siegler: "Ausgerechnet das Trommelfell ist der Grund für den geordneten Rückzug." Gerald Bombala: "Ohne dich werden die Rodgaus nie mehr dieselben sein."
Fans der Rodgau Monotones erinnern sich noch gut an einen anderen prominenten Aussteiger. Sänger und Saxofonist Hendrik "Henni" Nachtsheim, der vor 30 Jahren aufhörte, war allerdings nicht ganz von Anfang an dabei.
Von Manfred Meyer
Artikel Offenbach Post, 9. August 2021:
„Wenn’s abgeht, dann geht’s ab”
Nach 13-monatiger Pause sind die Rodgau Monotones am Samstag mal wieder aufgetreten und haben in ihrer Heimat vor 300 Besuchern den Kultursommer des Jügesheimer Sport- und Kulturvereins (JSK) Rodgau eröffnet.
Jügesheim – „Wir haben den Platz, die Manpower und das Wort ,Kultur’ im Vereinsnamen“, sagte der 1. Vorsitzende des Jügesheimer Sport- und Kulturvereins (JSK) Rodgau, Lothar Mark: „Und man kann sich ja nicht ewig vor der Pandemie wegducken.“ Mark ließ kurzerhand seine vielfältigen Kontakte spielen, trommelte Sponsoren zusammen und rief gemeinsam mit seinen Vereinsmitgliedern im eigenen Maingau-Energie-Stadion den JSK-„Kultursommer“ ins Leben.
Zwei Konzerte, im Stadion, eine Theateraufführung, im Rodau-Park. Den Anfang machten am Samstag die Rodgau Monotones. Mark: „Wir wollten was tun für die Kultur, das Publikum und für die Monotones.“ Sie waren seit 13 Monaten nicht mehr aufgetreten. „Endlich wieder live“, freute sich Monotones-Managerin Birgit „Püppi“ Osterwold. „Es hat sehr viel Spaß gemacht“, brachte sie am Ende des fast dreistündigen Open-Airs auf den Punkt, was wohl alle dreihundert Anwesenden genauso empfanden.
Begonnen hatten die Monotones, angeführt von ihrem umwerfenden Frontline-Trio Ali Neander, Kerstin Pfau und Peter Osterwold, passend mit „Es geht wieder los“. Gefolgt von ihrer populären Publikums-Begrüßung „Ei gude wie“. Schon von Anfang an sang und groovte ein Großteil des Publikums mit. Die meisten Zuhörer saßen aufgrund des strengen JSK-Hygienekonzepts in einiger Entfernung von der Bühne auf Bierzeltgarnituren. Dahinter und daneben standen etliche Fans an runden Tischen fast nie still. Andere saßen arme-wedelnd am Rande des Geschehens auf mitgebrachten Decken.
Dann, in der Mitte der ersten Halbzeit, aus dem jüngeren Schaffen des Septetts, der erste Überflieger: der volksmusikalische Gassenhauer „100 Fässer grüne Soße“. Es folgte „Ein Leben für Lärm“, den es im Maingau-Energie-Stadion gar nicht gab. Denn der Sound war sehr gut und so ausgewogen im Phon-Rahmen, dass man keine Ohrenstöpsel benötigte. Vor der Pause grüßten die Rodgaus noch eben schnell rüber nach Nieder-Roden: mit ihrem unvergänglichen Sommerhit „St. Tropez am Baggersee“.
Die zweite Halbzeit machten sie mit einem Volltreffer aus ihrer musikalisch besten Phase, aus ihrer Frühzeit auf, mit „Macht doch einfach selber mal Musik“. Und dann ging’s mit „Wenn’s abgeht“ stürmisch ab hin zum „Night of the Proms“-Part im Programm, bei den „Monotones“: „Night of the Prolls“ – „Pomp & Susie“. Dafür hatten Stage-Manager Niko Huber und Birgit Osterwold Hessen-Fähnchen im Publikum verteilt. Sie wurden tüchtig geschwungen – bei einigen Songs.
Wie zu erwarten, gab es mit „Waitin’ for the bus“/“Jesus just left Chicago“ eine Hommage an ZZ Top, im Werk der Rodgaus der Haupteinfluss. Damit erinnerten sie an Dusty Hill, den Bassisten des Texas-Trios, der vor zwei Wochen starb. Dennoch war da im Programm kein ZZ Top-Schwerpunkt. Eher einer Marke AC/DC. Denn Kerstin Pfau trug „Ein frauenfeindliches AC/DC-Stück“ vor. Und, als finale Zugabe, den Brecher „Highway to Hell“, eine Parade-Nummer der Vokalistin.
Dabei hielt sich ihre Band, in der sie seit 30 Jahren „die Neue“ (Peter Osterwold augenzwinkernd) ist, sogar etwas zurück, um ihr maximal den Vortritt zu lassen. Echt neu im Line-up ist der in Rodgau erstmals präsentierte Martin „Dog“ Kessler. Er ersetzt hinfort am Schlagzeug den unermüdlichen Jürgen „Mob“ Böttcher, der wegen eines Tinnitus-Leidens nach 43-jähriger Band-Zugehörigkeit aufhören musste. „Lebbe geht weider“, das ganz neue Stück im Repertoire, strich Gitarrist Neander von der Zugaben-Liste, um den langen gelungenen Abend nicht ausufern zu lassen. (Von Manfred Meyer)
Artikel Offenbach Post, 11. August 2023:
Artikel Offenbach Post, 11. September 2023:
Hanau – "Ich geh nie mehr zu den Rodgaus, den Scheißdreck hältste ja im Kopp nicht aus – es ist zu laut": Diese Textzeile aus dem Lied "Schade schade schade" von ihrer zweiten LP "Fluchtpunkt Dutenhofen" haben sich rund 3000 Menschen am Samstag nicht zu Herzen genommen. Welch fantastischer Abend, den die Rodgau Monotones zum 45-jährigen Bühnenjubiläum vorbereitet hatten. Ein proppenvolles Amphitheater, bestens gelaunte Gäste, die beinahe jedes Lied mitsingen konnten.
Angefangen hat das rund dreieinhalbstündige Konzert – zum Leidwesen des Gastronomen ohne Pause – mit dem Mercury Blues von David Lindley. Ein Song aus der Urzeit, als die Monotones teilweise noch als ZZ Top-Coverband auftraten.
Aber es kam dann mit dem „Syph Sultan“ gleich der erste Mitgröhler aus der ersten LP "Wollt ihr Musik oder was". Diese beiden Scheiben aus den Jahren 1982 und 1983 begründeten den Kultstatus der Hessen-Rocker hier in der Region.
Egal, wo sie auftraten – auf der Hansa-Bühne in Erlensee oder im Druckhaus in Steinheim – die Bude war voll. "Püppi", die Lebensgefährtin des wieder erröteten Barons Peter "Osti" Osterwold: "Die Hansa-Bühne haben wir verzweifelt gesucht, erst, als wir ein Korso von Enten und VW Käfern sahen, sagte ich: Fahr hinterher, die wollen zu unserem Konzert." Und so war dieser Abend wieder einmal ein großes Familientreffen mit lauter und geiler Musik. Zum ersten Mal seit 45 Jahren ohne Gitarrist und Gründungsmitglied Raimund "Ray" Salg, der vor Kurzem leider verstorben ist (wir berichteten). Das Jubiläumskonzert stand auf der Kippe.
Doch der Tod ihres Gitarristen ließ die Band zusammen rücken. "Wir machen das auch für Ray", so Osti. Und es wurde ein eindrucksvolles Gedenken. Henni Nachtsheim, Mob Böttcher (der ehemalige Drummer, der vor drei Jahren wegen Tinnitus aufhören musste), Olaf Mill und Seppl Niemeier von Flatsch, Guildo Horn, ein überragender Max Mutzke, Andreas Kümmert und Stefan Stoppok sowie vier Gast-Gitarristen bevölkerten nach und nach die Bühne. "Babbel net so viel, wir haben noch viel vor": Ali Neander, der musikalische Kopf der Gruppe hielt die Truppe atemlos.
Beeindruckend, was Osti mit seinen 73 Jahren immer noch seinen Stimmbändern entlockte. Die Band, einstmals von Wolfgang Niedecken (BAP) als brachialste Band Deutschlands bezeichnet, haute ein musikalisches Feuerwerk heraus – und die Arme der Fans kannten nur eine Richtung: ab in die Lüfte. Die Luft war angereichert mit der Explosivität, die von der Bühne abgefeuert wurde.
"Ei guude wie", "Kleiner Pirat", "St. Tropez bei uns am Baggersee" – die Stimmbänder der Fans wurden malträtiert. Aber auch die wunderbaren, ruhigeren Nummern wie "Is nur Kino!", wundervoll von Ostis kongenialer Bühnenpartnerin Kerstin Pfau gesungen, begeisterten. "Rodgau State of mine" intonierte Max Mutzke mit einer unglaublichen Stimme, und Guildo fand natürlich Schlager toll und ebenso, dass es Wunder immer wieder gibt.
Zwei Wochen lang war mit den Gastmusikern intensiv geprobt worden, die letzte Woche vor dem Auftritt täglich. Und die Gastsänger probten am Nachmittag mit der Band beim Soundcheck noch einmal. Schließlich sollte ja alles passen. Und das hat es bei Gott: Die Monotones begeisterten, bewegten, sie berührten die Herzen ihrer Fans. Die Hoffnung, dass es auch eine "goldene Hochzeit" geben wird, ist nach diesem Konzert im Amphitheater groß.
Püppi meinte: "Der allgemeine Tenor war vor dem Auftritt: Wir warten das Konzert noch mal ab, und dann entscheiden sie, ob sie weiter machen oder nicht. Ich glaube aber sehr fest daran, dass nach diesem denkwürdigen Abend genug Energie fürs Weitermachen da ist."
Für die Fans wäre es sowieso unvorstellbar, wenn ihre Hauskapelle nicht mehr live auftreten würde. "Ich hab' sie schon in Großauheim auf dem Rochusmarkt auf der Straße gesehen, im Olof-Palme-Haus und bei vielen anderen Veranstaltungen", so Fan Karsten Roy aus Steinheim. "Ein Leben ohne die Rodgaus ist zwar möglich aber nicht vorstellbar". Und auch Thorsten Noczinski aus Steinheim blies in das gleiche Horn. "Was für ein unfassbar geiler Abend!"
Langen – Hunderte Arme sind in den Himmel gereckt, rot-weiße Hessen-Fähnchen flattern über den Köpfen. Die rund 1 000 Zuhörerinnen und Zuhörer vor der Bühne am Platz vor dem Alten Rathaus jubeln, nachdem der letzte Akkord eines besonderen Konzerts ausgeklungen ist.
Soeben haben die Rodgau Monotones bei der inoffiziellen Eröffnung des Jubiläums-Ebbelwoifests am Donnerstagabend zwei Stunden ohne Unterlass auf der Hauptbühne ihre Songs präsentiert: berühmte Gassenhauer sowie einstige Chartbreaker, bluesig-rockige Eigenkompositionen – und parodistische Cover-Nummern wie "Music" von Night of the Proms. Letzteres spielen die Monotones als "Night Of The Prols" mit dem Lied "Susi war die Höchststraf". Lachend heben die Langener Fans wieder die rot-weißen Papierfähnchen und schwenken sie im Takt.
Trotz ergrauter Schläfen hat die Combo musikalisch an manchen Stellen ihre Messer jüngst nachgeschärft: Vor allem die jüngeren Songs klingen grooviger und härter. Das Stück „Mama Lauda“ ist dafür ein Beispiel. Das bewegt das Publikum in Langen und bringt den einen oder anderen Schoppen in der Hand fast zum Überschwappen.
Das Besondere des Konzerts: Die Band rund um Frontfrau und -mann Kerstin Pfau und Peter Osterwold feiert die Herausgabe ihres durchaus legendären Albums "Volle Lotte!"vor 40 Jahren, mit dem die Musiker deutschlandweit populär wurden. "Wir spielen heute jeden einzelnen Song dieser Platte", kündigt Gitarrist Ali Neander beim Konzert an. Für das kleine Bühnenprojekt taucht plötzlich das vormalige Bandmitglied Henni Nachtsheim vor dem Mikrofon auf. Da kommt wahrlich 80er-Jahre-Atmosphäre auf. Bei "St. Tropez am Baggersee" oder "Frach mich net (wie's mir geht)" entledigen sich die Fans jeglicher Hemmung und singen mit – erst recht natürlich bei der inoffiziellen Nationalhymne des Bundeslandes "Erbarme, zu spät, die Hesse komme!".
Doch zu Beginn des Auftritts fehlt es noch etwas an ausgelassener hessischer Lebensart. Die Alt-Rocker aus Rodgau müssen die Gäste erst einmal an die Bühne heranbitten. Später animieren sie die Zuhörer, doch auch etwas kräftiger mitzusingen. Spätestens bei der letzten Zugabe "Highway to Hell" von AC/DC ist das Langener Volk aus dem Häuschen. Jetzt kann das große Fest des hessischen Nationalgetränks beginnen.