Saxpower
Artikel Offenbach Post, 24. April 2017:
Respekt für rührigen Verein
Seligenstadt - Das Kunstforum Seligenstadt hatte am Samstag zur Geburtstagsfeier in Seligenstadts "gute Stube" geladen: Seit 30 Jahren prägt der Verein mit einem hochkarätigen Veranstaltungsspektrum das kulturelle Leben von Stadt und Region.
Von Sabine Müller
Dies honorierten die Gratulanten in Grußworten und Festrede; ein Menü und musikalische Darbietungen machten den festlichen und unterhaltsamen Abend rund. Mitreißend war der Auftakt nach dem Sektempfang: Die zwölfköpfige Formation „Sax Power“ heizte mit Saxophon und Schlagzeug im pinkfarben illuminierten Saal des Riesen ein, mittenmang der etwa 150 Mitglieder und Freunde des Kunstforums sowie geladener Gäste. Der Groove von Ohrwürmern wie "In the mood" und "I feel good" zog manchen vom Stuhl. "Uns gibt's auch schon seit 25 Jahren", verriet Frontmann Norbert Zabolitzki, und erinnerte daran, dass ein Auftritt bei den vom Kunstforum organisierten Jazztagen der Band zum internationalen Durchbruch verhalf.
Der ehrenamtlich getragene Verein habe es verstanden, in 30 Jahren das "Who is who" der Sparten Musik, Kabarett, Theater und Bildender Kunst nach Seligenstadt zu holen, meinte Frank Lehmann, der den Abend mit launigen Sprüchen und Dichter-Zitaten moderierte. Diese Auswahl wäre auch als notiertes Wertpapier interessant, spekulierte der ehemalige TV-Börsenfachmann.
Dr. Udo Wahl, Vorsitzender des derzeit 200 Mitglieder starken Kunstforums, blickte in seiner Begrüßungsrede zurück ins Jahr 1986, als 27 Frauen und Männer den Verein gründeten, um den sich Eckhard und Hildegard Redmann besonders verdient machten. Seitdem, so Wahl, meistere er den Spagat zwischen den finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten in der Stadt und einem niveauvollen künstlerischen Angebot.
Diesen herausragenden Beitrag zum Kulturleben würdigte in 2005 der Kreis Offenbach mit dem Kulturpreis. Als sein Vertreter überbrachte Kreisbeigeordneter Carsten Müller Glückwünsche und erklärte: "500 Veranstaltungen in 30 Jahren sind eine stolze Bilanz, zumal Kunst und Kultur in der Region großgeschrieben werden." Das Problem: Es sei zu wenig bekannt, welch herausragendes Angebot hier gemacht werde. "Finden Sie weitere Ideen und Sponsoren", gab er den Akteuren mit auf den Weg.
Stadtverordnetenvorsteher Dr. Richard Georgie zählte Veranstaltungsmagneten wie "Jazz im Schalander", die Freiluftausstellungen im Klosterinnenhof sowie in der Galerie im Alten Haus und bislang rund 30 Theateraufführungen auf: "Damit haben Sie die Kulturlandschaft geprägt." Mit "Sound of Seligenstadt" etabliere sich jetzt eine weitere Reihe, hoffte Stadträtin Jutta Förstemann, die sich im Namen der Stadt für das Engagement bedankte. Heimatbundchef Richard Biegel räumte ein, anfangs sei die Gruppe von einigen kritisch beäugt und belächelt worden, heute jedoch zolle man dem rührigen Verein viel Respekt.
Den "Lobpreis auf das bürgerschaftliche Engagement in der Stadt" ergänzte der Vorsitzende des Seligenstädter Kulturringes und Festredner des Abends, Franz Preuschoff, indem er die Frage nach der "Aufgabe der öffentlichen Hand in Stadt und Land" stellte. So werde Kultur einerseits als freiwillige Leistung gesehen, andererseits bei einer Verfassungsrevision in Hessen darüber gesprochen, ob sie nicht als ausdrückliches Staatsziel benannt werden sollte. Für Preuschoff ist die Vereinsarbeit "ein hohes Gut. Was die Stadt aber beisteuern sollte, ist die Schaffung und Verbesserung der Infrastruktur." In Seligenstadt gebe es die große Chance, die ehemalige Hans-Memling-Schule als Kultur- und Bildungszentrum zu nutzen, mit der sich ergänzenden Arbeit einer Volkshochschule und Bücherei. "Ohne Kultur keine Identität", zitierte Preuschoff einen Zeitungsartikel. "Das gilt für alle Gliederungen des Gemeinwesens."
Im Anschluss genossen die Gäste kreative Schöpfungen von Kulturschaffenden: Ein mehrgängiges Menü, untermalt von Klavierimprovisationen des Froschhäusers Nicolas Ruegenberg und keltische Weisen des Duos "Shamrock". Besonderen Anklang fand der Beitrag von Komponist Thomas Gabriel, der mit elf Begriffen aus dem Publikum spontan eine Oper in zwei Akten arrangierte.
Artikel Offenbach Post, 31. Juli 2020:
Spitzenabend zum Finale
In Mühlheim war wieder "Hofsommer on tour". Zum Finale gab es eine Vorstellung in der Mühlheimer Einkaufsmeile.
Mühlheim – Für Gerlinde Belz war der "Hofsommer on tour" eine "Spitzentour". Die Geschäftsfrau aus der Marktstraße hätte es zum Gemeindezentrum der katholischen Pfarrgemeinde St. Markus näher gehabt. Wie weit mehr als 100 andere Passanten auf der Bahnhofstraße genoss sie am Mittwochabend "Freiheit, Kreativität und Begegnungen mit Musik und Menschen" beim letzten Auftritt der geschrumpften Sommer-Reihe.
Zum Finale hatte das Organisationsteam um Claudia Oberbeck die Formation Sax Power in den Knick von Mühlheims Einkaufsmeile eingeladen. Neun Männer und eine Frau um Saxofon-Legende Norbert Zabolitzki aus Seligenstadt bewegten sich und ihre Zuhörer mit ihren Holzblasinstrumenten und kräftigem Schlagwerk zu prominenten Hits.
Die vergnügte Gruppe schlich im Takt des "Pink Panther" übers Pflaster, flitzte mit "The Race", der Titelmelodie der einstigen Musiksendung "Formel 1", und erinnerte mit einem anderen bekannten Rhythmus an den Einsatz von 007 James Bond. Die mitreißenden Musiker aus der Einhardstadt und dem Ostkreis unterhielten clownesk, verfolgten musizierend Spaziergänger und verehrten mit artistischen Verrenkungen ältere Damen in Campingstühlen vor Schaufenstern.
Echte Hofsommer-Profis waren freilich mit dem Klappmöbel ausgestattet, führten Bier, Wein und Schampus in unauffälligen Kühltaschen mit. Besucher, die gut drauf oder frisch verliebt sind, wagten auch ein Tänzchen auf der Straße – natürlich korrekt mit Mund-Nase-Bedeckung. Dazu rief Sprecherin Oberbeck vor der Vorstellung wieder mit Nachdruck auf: Maske tragen oder Abstand einhalten, in die Liste auf dem Bistrotisch eintragen, wo auch ein Spender zur Handdesinfektion bereitstand.
Das ist der Preis für den Kompromiss, den die katholische Kirchengemeinde eingegangen ist. Die abendfüllende Gemütlichkeit mit internationalen, kulinarischen Spezialitäten unter der Trauerweide am Gotteshaus war den Planern verwehrt. "Aber wir sind nicht gut im Nichts-Tun", beschrieb Claudia Oberbeck die Motivation ihrer Gruppe.
Daher arbeiteten die Christen an einem Konzept. Denn auch jetzt ist nicht alles verboten, und viele Gäste haben sich mit den Vorgaben arrangiert. Bei allen vier Hofsommer-Terminen nutzten sie die Gelegenheit zum Plausch, spendeten diesmal einem humorvollen Ensemble viel Applaus, filmten die Szenerie mit ihren Smartphones und blieben länger als das Programm dauerte.
"Die Regeln des Bistums sind sehr streng", erläuterte Gemeindemitglied Karl-Heinz Schmunck. „Doch viele Musikgruppen haben keine Auftrittsmöglichkeit und haben beim Veranstaltungsteam nachgefragt.“ Franz-Peter Ackermann bestätigte die Linie der Gastgeber: "Das ist eine klasse Idee, man darf nicht einfach aufgeben", meinte er.
"Gerade in der Corona-Zeit brauchen wir Abwechslung." Seniorin Gisela Demling war schon zum dritten Mal mit dem Fahrrad und einigen Freundinnen aus Hausen gekommen. Regisseurin Oberbeck fand jeden Hofsommer-Abend toll. "Es ist wichtig, dass wir nicht in Vergessenheit geraten", sagte sie: "Aber Einnahmen für den Erhalt des Gemeindezentrums kommen bei dieser Version nicht rein." (Von Michael Prochnow)