Stadthalle Offenbach
Waldstraße 312 / Offenbach
Die im Stadtteil Tempelsee gelegene Mehrzweckhalle wurde am 21. Mai 1966 eingeweiht.
Nicht nur die meisten Sendungen der Kultsendungen „Beat, Beat, Beat“ wurden hier aufgezeichnet, auch „Der Blaue Bock“ war hier mehrmals zu Gast.
Fassungsvermögen: bis zu ca. 4000 Leute
Künstler, für die das Capitol oder die Hugenottenhalle zu klein, die Festhalle Frankfurt aber zu groß ist, kommen bis heute immer wie gerne hierher.
Wer u.a. alles schon da war, siehe Bildergalerie unten:
Artikel Offenbach Post, 12. Oktober 2016:
50 Jahre Stadthalle, 50 Jahre "beat beat beat"
Offenbach - Zwei Geburtstagskinder, ein Kult-Event erster Güte: Stadthalle Offenbach und "beat beat beat" machen am kommenden Samstag, 15. Oktober, mit jeweils 50 Jahren das gemeinsame Jahrhundert voll.
Mit dabei sind ab 19 Uhr The Manfreds, Mungo Jerry, The Lords und die Glitter Twins. Die Moderation übernimmt Radiolegende Werner Reinke. Anfang der 60er Jahre wurde die Beatmusik, aus England kommend, auch auf dem europäischen Festland immer populärer. Am 25. September 1965 startete Radio Bremen mit dem Beat Club, moderiert von Uschi Nerke. Am 7. Januar 1966 folgte das Hessische Fernsehen mit seiner Reihe "beat beat beat", die ebenfalls Kultstatus erreichen sollte.
Die Stadthalle Offenbach wurde am 21. Mai 1966 an der Waldstraße 312 als Mehrzweckhalle eingeweiht. Die ersten Produktionen von "beat beat beat" wurden noch im Sendesaal des AFN in Frankfurt-Höchst aufgezeichnet, dann erfolgte im Laufe des Jahres 1966 der Umzug in die nagelneue Stadthalle, in der die meisten Sendungen von "beat beat beat" stattfinden sollten. Die Halle erreichte unter anderem durch diese Produktionen einen hohen Stellenwert als Veranstaltungsort im Rhein-Main-Gebiet. Pop und Rock Größen von Jimi Hendrix, Pink Floyd, REO Speedwagon, AC/DC und Kinks bis Robin Williams und U 2 sollten künftig hier auf der Bühne stehen.
An die Zeit, als der Siegeszug der Beatmusik in den 60er Jahren nicht mehr aufzuhalten war und die "Swinging Sixties" begannen sowie 50 Jahre Stadthalle Offenbach als wichtige Veranstaltungsadresse im Rhein-Main-Gebiet soll der Abend erinnern. Lokalmatadore sind am kommenden Samstag die Glitter Twins. Die aus der Region Offenbach-Hanau stammenden Musiker (Rolf Bussalb, Achim Schnall, Achim Farr, Didi Müller, Klaus Bussalb, Kläus Schmidt und "der Fips") gelten als eine der besten Rolling Stones Coverbands Deutschlands und begeistern mit einer mitreißenden Bühnenshow.
Die Lords sind gemeinsam mit den Rattles die Beatlegenden Deutschlands schlechthin. Mit ihren Hits Shakin' All Over, Que Sera, Have A Drink On Me, Gloryland, And At Night und natürlich Poor Boy beeinflussten sie wesentlich die deutsche Musikszene der 60er Jahre. Mittlerweile haben The Lord 57 Jahre "auf dem Buckel" – Wahnsinn!
Die britische Rock- und Bluesband Mungo Jerry mit ihrem Frontmann Ray Dorset war besonders in den 70er Jahren mit ihren Welthits In The Summertime, Lady Rose, Alright, Alright, Alright und Baby Jump sehr erfolgreich.
Die aktuelle Besetzung der Manfreds ist im Großen und Ganzen mit der von Manfred Mann ohne ihren damaligen Bandleader identisch. Die Gruppe hatte weltweit unzählige Hits unter anderem Do Wah Diddy Diddy, My Name Is Jack, Ha Ha Said The Clown, Pretty Flamingo , If You Gotta Go, Go Now und Mighty Quinn.
Begleitend zum Bühnenprogramm erwartet die Besucher am kommenden Samstag im Großen Foyer eine Ausstellung zum Thema "50 Jahre Stadthalle Offenbach", im Kleinen Foyer können wieder Bücher, CDs und Schallplatten erworben werden, und am Stand des Magazin "Good Times" werden viele der auftretenden Künstler für Autogramme und Fragen der Besucher zur Verfügung stehen.
In den Umbaupausen werden wieder Ausschnitte aus den Originalsendungen von "beat beat beat" und interessante Fotos aus der 50-jährigen Geschichte der Stadthalle zu sehen sein.
Eintrittskarten für die Jubiläumsveranstaltung sind im OF Infocenter, Salzgässchen 1, erhältlich. Der Eintritt kostet im Vorverkauf 30 Euro, an der Abendkasse 34 Euro. Inhaber des Oldie-Mitgliedsausweises und der Abo-Plus-Karte zahlen nur 26 Euro. (pso)
Artikel Offenbach Post, 17. Januar 2020
Stadthalle Offenbach
Das Konzert endete im Tumult: Am 6. April 1979 betrat Rockmusiker Lou Reed die Bühne der Offenbacher Stadthalle. Kurze Zeit später flogen Stühle durch den Saal, Reed wurde von der Polizei abgeführt.
Offenbach – Ein Hörspiel widmet sich jetzt diesem legendären Abend. Der in Offenbach aufgewachsene Oliver Augst und die Musiker der Berliner Band Stereo Total haben die Songs und Texte geschrieben.
Der 17-jährige Oliver Augst ließ sich von seiner „Flamme“ zum Konzert mitnehmen: An diesem Aprilabend 1979 sollte ein US-amerikanisches Idol in der Offenbacher Stadthalle auftreten. Augst war neugierig, es war sein erstes Rock-Konzert. „Lou Reed – in meinem Kaff! Und da ist dann auch noch die Stadthalle demoliert worden“, erinnert sich der Musiker und Hörspielautor.
Er saß mit seiner Freundin weit hinten im Saal. „Wir haben endlos gewartet, die Atmosphäre war aufgeheizt.“ Dann endlich erschien Lou Reed auf der Bühne. „Er hatte das erste Stück noch nicht zu Ende gespielt, da ging der Tumult schon los“, erinnert sich Augst: Stühle flogen auf die Bühne, Menschen kletterten auf die Boxentürme und warfen Lautsprecher hinunter. Augst fragte sich, wo er da hineingeraten ist. Backstage wurde der Rockstar von Offenbacher Polizisten verhaftet, im Saal lotsten nach Augsts Erinnerungen uniformierte US-Militärpolizisten die Menge zu den Ausgängen.
„Ich frage mich manchmal, ob das wirklich passiert ist“, sagt der Musiker heute. Eine Initialzündung sei der kurze Auftritt gewesen: Das war also Rockmusik, eine physische Macht, eine Welt voller Gewalt, Drogenexzesse, Aggression, die seiner behüteten Kindheit in Bürgel an diesem Abend gegenüberstand.
41 Jahre später hat der heute in Ludwigshafen und Paris lebende Produzent, der an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung studiert hat, seine Erinnerungen zu einem Hörspiel verarbeitet. Zusammen mit den Berliner Musikern Brezel Göring und Françoise Cactus, die als Band Stereo Total bekannt sind, und der Dramaturgin Charlotte Arens ist eine Collage entstanden aus Erinnerungen, Assoziationen, halbfiktionalen Augenzeugenberichten und eigens geschriebenen und performten Songs. „Wir sind nicht wissenschaftlich an die Sache gegangen“, erzählt Augst. Locker, bissig, ironisch klingt das Ergebnis: In einem Lied werden zum Beispiel dem pöbelnden Rockstar die Zeilen „I hate the audience ... Who cares about Offenbätsch“ in den Mund gelegt.
Außerdem kommen imaginierte Menschen aus dem Umfeld Lou Reeds zu Wort: ein Polizist, ein Journalist, Lou Reeds Mutter, seine Transfrau Rachel. Die vermeintlichen „O-Töne“ dieser Personen sprechen prominente amerikanische Künstler ein, Sonic-Youth-Bassistin Kim Gordon oder die New Yorker Schauspielerin Stella Schnabel.
Am 13. März wird das Hörspiel live als Performance im Frankfurter Mousonturm uraufgeführt. Gleichzeitig erscheint eine Langspielplatte mit den Songs auf dem Offenbacher Label Unbreakmyheart. Dessen Betreiberin Sabine-Lydia Schmidt hat sich vor Ort für die Rekonstruktion des Geschehens auf Recherche begeben.
Im Archiv des Hauses der Stadtgeschichte stieß sie auf Zeitungsartikel, die Polizei Südosthessen fand allerdings keine Akten mehr. Die Anzeige einer Konzertbesucherin, die von Lou Reed geschlagen und getreten worden sein soll, war nicht zu finden. Dennoch: Einige im Revier erinnerten sich noch an den Einsatz.
Es gebe viele Versionen des Abends, sagt Schmidt: Der Schaden in der Stadthalle werde mal mit 10 000, dann mit 30 000 oder 50 000 D-Mark beziffert. Man wisse auch nicht, ob der Musiker nach der Verhaftung direkt auf Kaution freikam oder erst noch eine Nacht in einer Offenbacher Zelle verbrachte. „Es flogen auf jeden Fall Stühle beim Konzert“, sagt Schmidt. Das beweisen Fotos des damaligen Hausmeisters. Heute sind die Stühle im Besitz des Offenbacher Kulturamtes. Schmidt will zur Aufführung eine Installation daraus bauen.
Wie konnte es zu der Eskalation kommen? Das fragt sich Augst noch heute: Der Rocksänger Reed (1942-2013), Gründungsmitglied der von Andy Warhol geförderten Band The Velvet Underground, war Ende der 70er auf dem Tiefpunkt seiner Alkohol- und Drogensucht; mehrere Konzerte seien zu der Zeit abgebrochen worden, so Augst. Aggression und Provokation gehörten dazu, „es war vielleicht eine Art Ritual“. Und das hauptsächlich amerikanische Publikum sei stark alkoholisiert gewesen. In dem Hörspiel „Lou Reed in Offenbach“ werden auch die Biografie und die Persönlichkeit des Musikers beleuchtet: seine selbstzerstörerische Wut und Unberechenbarkeit.
„Reed war mit 17 Jahren von seinen Eltern in ein Krankenhaus zur Elektroschock-Therapie gebracht worden“, erzählt Augst. Damit sollten seine homoerotischen Neigungen behandelt werden. „Er hat mal gesagt, dass ihm danach nichts anderes übrig blieb, als zurück zu schocken.“
In den Nullerjahren lief Oliver Augst der Musiklegende bei einer Filmpremiere in Frankfurt über den Weg. Mehr als ein „Hello, how are you?“ sei ihm aber nicht über die Lippen gekommen – nach der Pöbelei in der Stadthalle habe er auch nicht gefragt. Augst: „Das bereue ich heute fürchterlich.“
VON LISA BERINS
Unsere Berichterstattung über ein Hörspiel, das den skandalösen Auftritt des Rockmusikers Lou Reed anno 1979 in der Offenbacher Stadthalle zum Thema macht, hat viele Leserreaktionen provoziert. Offenbar ist diese Episode der jüngeren Zeitgeschichte noch vielen musikinteressierten Lesern in bester Erinnerung. Was ja nicht verwundert, denn Konzertabbruch, Polizeieinsatz und vorübergehende Inhaftierung des Musikstars hatten das Zeug für überregionale Schlagzeilen.
Da sich, wie berichtet, die näheren Umstände des Tumults, der schon beim ersten Lied ausbrach und schließlich zum Abbruch des Konzertes führte, bis heute nicht genau rekonstruieren lassen und auch keine entsprechenden Berichte von offiziellen Stellen vorliegen, rufen wir unsere Leser hiermit dazu auf, sich an der Spurensuche zu beteiligen.
Wer kann uns Zeitzeugen nennen oder hat gar Konzertbesucher im Freundes-, Bekannten- oder Verwandtenkreis, die zur Aufklärung des Mysteriums um Lou Reed und seinen legendären Auftritt am 6. April 1979 beitragen können und wollen? Sachdienliche Hinweise nimmt die Redaktion unter der E-Mail-Adresse red.kultur@op-online.de gern entgegen. Bitte vergessen Sie nicht, in Ihren Zuschriften ihre Adresse und Telefonnummer anzugeben, damit wir Kontakt aufnehmen können. cm
Hörspiel und Schallplatte Das Live-Hörspiel „Lou Reed in Offenbach“ feiert am 13. März Premiere am Frankfurter Mousonturm und ist bis 15. März zu sehen. Am 6. September wird das Stück noch einmal aufgeführt, beim „Riviera“-Festival in den Offenbacher Parkside-Studios – mit der original Bestuhlung des Konzerts von 1979. Die Langspielplatte „Lou Reed in Offenbach“ mit allen Songs des Hörspiels (Laufzeit 45 Minuten) und Programmheft erscheint am 10. März und ist im OF-Infocenter oder im Internet bei dem Offenbacher Label Unbreakmyheart für 15 Euro erhältlich.
Vorbestellungen unter please@unbreakmyheart.de. Eine Hörspielfassung entsteht derzeit in Koproduktion mit dem Hessischen Rundfunk und dem Westdeutschen Rundfunk. Ausstrahlung auf hr2 und WDR 2 ist am 23. Mai.
Artikel Offenbach Post, 24. Januar 2020:
„Der Saal tobte vor Wut“
Im Jahr 1979 fand in der Offenbacher Stadthalle ein legendäres Lou-Reed-Konzert statt. Das Konzert ist vielen Lesern unserer Zeitung lebhaft im Gedächtnis geblieben. Wir haben mit ihnen gesprochen.
Offenbach – Das Lou-Reed-Konzert am 6. April 1979 in der Stadthalle Offenbach, das in einem Tumult endete, ist vielen Lesern unserer Zeitung lebhaft im Gedächtnis geblieben. Wir haben nach Augenzeugen gesucht und dazu aufgerufen, uns die Erinnerungen an den Abend zu schildern. Unter den Zuschriften gab es sogar Fotos vom Konzert, die ein Besucher verbotenerweise mit einer eingeschmuggelten Kamera gemacht hat.
Die Versionen über den Verlauf des Abends gehen in den Erzählungen stellenweise auseinander, sind auch teilweise widersprüchlich – kein Wunder angesichts der Zeit, die vergangen ist. Und so bleiben viele Fragen offen: Welchen Song spielte der Musiker als erstes? Woran entbrannte der Streit zwischen Reed und dem Publikum – waren es Pöbeleien des ungeduldigen Publikums oder war es gar ein Missverständnis? Welche Rolle spielte die Frau, die anscheinend auf die Bühne kam und vom Rockstar geschlagen worden sein soll? Ein Augenzeuge berichtet sogar von einer „Art Scheiterhaufen“, auf dem Konzertplakate verbrannt wurden. Einig sind sich unsere Augenzeugen jedenfalls darin: Die Stühle flogen, Reed brach das Konzert ab – und man selbst war Teil eines historischen Moments geworden.
„Die Stimmung war von Anfang an negativ aufgeladen, da Lou Reed erst mit circa 45-minütiger Verspätung auf die Bühne kam. Dann ging das Konzert los mit einer krachenden Version von „Sweet Jane“, was die Fans zunächst versöhnte. Doch schon nach dem zweiten oder dritten Lied kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Reed und lautstarken Fans, in deren Folge die Aggressionen auf Reed (...) weiter stiegen. Die vielfach alkoholisierten Fans ließen ihrem Unmut freien Lauf.
Daraufhin unterbrach Reed das Konzert und forderte, dass diese Personen den Saal verlassen müssten. (...) Dadurch eskalierten die Aggressionen weiter und Reed verließ (...) die Bühne. Nun tobte der Saal vor Wut. Ein Sprecher teilte (...) mit, dass Lou Reed in einer sehr angespannten psychischen Verfassung sei, man wolle ihn aber überreden, das Konzert fortzusetzen. Nach zehn Minuten kehrte er auf die Bühne zurück und führte das Konzert mit Songs aus dem Berlin-Album zunächst fort.
Als jedoch ein Bierbecher oder ein Feuerzeug auf die Bühne geworfen wurde, stoppte er (...) die Performance. Im Tumult (...) sprang eine junge Frau auf die Bühne und rannte direkt auf Reed zu, der sie mit einem Reflex zu Boden ringen konnte. Die Situation wurde immer gefährlicher und Reed und seine Band verließen erneut die Bühne. Die Fans harrten noch circa 30 Minuten (...) aus, bis die Durchsage kam, das Konzert werde nicht fortgesetzt. Daraufhin kam es zu Sachbeschädigungen. Einige hundert Stühle wurden in Richtung Bühne geschmissen. Beim Verlassen der Halle konnte ich noch den Polizeiwagen sehen, mit dem Reed abtransportiert wurde. Am nächsten Morgen erfuhr ich aus der Offenbach-Post, dass Reed eine Nacht im Offenbacher Gefängnis verbracht hatte.“
„Mein Freund und ich hatten aufgrund persönlicher Verbindungen einen Platz im Technikbereich, seinerzeit angesiedelt rechts oben an der Sitztribüne über dem Seiteneingang (...). Wir konnten die ganze Halle überblicken. Diese war bis auf den letzten Platz gefüllt, gefühlt von 90 Prozent US-amerikanischen Soldaten aus der Region. Es herrschte im wahrsten Sinne des Wortes dicke Luft, getragen von Tabak, Alkohol und anderen Stoffen. Dazu kam eine endlose Warterei auf die Band, der Unmut war zu spüren, es brodelte. Als die Band die Bühne betrat, eskalierte die ganze Sache. (...)
Da das Publikum sehr nahe an der Bühne war, kam es wohl, wahrscheinlich wegen der immensen Zeitverzögerung, zu Diskussionen und Pöbeleien auf beiden Seiten, wobei Lou Reed dies über Mikro kundtat.
Soweit ich mich erinnere, kletterte nach dem ersten oder zweiten Song eine junge Frau auf die Bühne und redetet auf Reed ein, der kurz darauf mit einer Ohrfeige und einem Stoß von der Bühne antwortete. Damit wurde das Ende des Abends eingeleitet, einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert folgte der erste Stuhl Richtung Bühne. Ein wahrer Regen von Stühlen folgte (...). Der Mob fand Gefallen daran und die Einschläge am Schlagzeug wurden mit Gejohle gefeiert. Das Licht war wieder an, Stühle und deren Reste türmten sich vor und auf der Bühne.
Die Band hatte fluchtartig die Bühne verlassen. Die Halle war immer noch voll, als die US-Militärpolizei im Laufschritt den Saal betrat und (...) dem Spuk unter Einsatz von Baseballschläger-ähnlichen Kommunikationswerkzeugen ein Ende bereitete. Zurück blieben Stuhlhaufen und ramponiertes Bandequipment. (...) Zur Personalie Lou Reed wäre noch zu sagen, dass er, soweit ich mich erinnere, die Nacht im Gewahrsam in der Polizeiwache in Heusenstamm verbrachte.
„Ich war alleine beim Konzert und saß mittig im Saal. Das Hallenlicht war an, alles war hell erleuchtet, als mit erheblicher Verspätung die Band auf die Bühne kam. Da gab es schon Unruhen wegen der Wartezeit. Reed spielte als erstes „Satellite Of Love“. Er machte einen etwas derangierten Eindruck, hat aber sauber abgeliefert. Die Leute deuteten die ganze Zeit auf das Deckenlicht. Trotz Beleuchtung – vielleicht war der Lichttechniker stoned oder so was – spielte Reed den ersten Titel zu Ende. Das Publikum rief ,Licht aus! Licht aus!’ Reed fing das zweite Stück an, verließ aber nach etwa 45 Prozent des Songs die Bühne, weil er wohl dachte, dass er ausgebuht wurde.
Ein Missverständnis, er sprach ja kein Deutsch. Er kam dann zurück, um sich zu erkundigen, was los sei, verstand aber wohl nicht. Ich erinnere mich noch an sein wutverzerrtes Gesicht. Ein Mann rechts vor mir formte seine Hand zur Pistole und zielte auf Reed. Der sah das, deutete auf den Mann im Publikum und wollte, dass dieser entfernt wird. Die Zuhörer haben sich daraufhin mit dem Mann im Publikum solidarisiert, es kam zu Tumulten. Und dann ging’s ab: Stühle flogen durch die Luft, einer wollte eine Gitarre von der Bühne klauen. Leute wollten das Mischpult zerstören, der Techniker stand da drauf und versuchte sich mit einer Stange zu verteidigen.
Auf dem Weg nach draußen habe ich mir ein Plakat für fünf D-Mark gekauft. Und als ich dann vor die Tür ging, sprach mich ein Typ an: Ich sollte mein Plakat doch dorthin werfen: Da brannte eine Art Scheiterhaufen mit den Konzertplakaten!