Offenbach – Nicht allgemein bekannt ist, dass die Offenbacher Institution André lange Zeit auch in Frankfurt eine große Nummer war. Erforscht hat dieses Kapitel Dr. August Hermann André. Er veröffentlichte 1963 ein 290 Seiten starkes Buch "Zur Geschichte der Familie André", auf das sich die folgenden Ausführungen stützen.
Demnach gründete Carl August (C. A.) André 1828 eine "Musik- und Kunsthandlung" im Haus Schnider auf der Zeil, verbunden mit einer Musikalien-Leihanstalt. Das Mutterhaus Johann André in Offenbach blieb daneben bestehen, befindet sich mittlerweile in achter Generation im Familienbesitz. Diese Linie geht zurück auf Carl Augusts Bruder August.
1835 musste die Firma in das Nachbarhaus umziehen. 1839 kaufte André ein Grundstück in Sachsenhausen, wo er ein geräumiges Wohnhaus mit dem Namen "Zur Verehrung Mozarts" versah. Darin richtete er eine große Klavier-Reparaturwerkstätte und eine kleine Klavierfabrik ein. 1843 erwarb C. A. André eine Hälfte des Weidenhof-Areals (Zeil 70) und legte den Grundstein für einen Neubau, zwei Jahre später als "Haus Mozart" eingeweiht.
Die im Familienbesitz befindlichen, mithilfe der Lithografie in Offenbach gedruckten Noten aus dem Nachlass dieses Komponisten zeitigten eine weitere werbeträchtige Verwendung seines Namens: 1853 begann die Fabrikation der "Mozart-Flügel". Was es damit auf sich hatte, ist dank einer ausführlichen Mitteilung des Mannheimer Unterhaltungsblatts vom 1. Februar 1853 überliefert.
Klappte der Interpret den Flügel auf, kam ein Mozart-Porträt zum Vorschein. Es beruhte auf einem in Mainz entstandenen Originalgemälde des berühmten Johann Heinrich Tischbein, welches sich in C. A. Andrés Besitz befand und dessen Ähnlichkeit mit dem Dargestellten mehrere Zeitzeugen bestätigten.
Zur Qualität des Instruments heißt es in der Zeitung: "Über die Flügel selbst fügen wir nur bei, dass sie die allgemeine Anerkennung in hohem Grade verdienen, indem ihre Vorzüge in Bezug auf Dauerhaftigkeit, Eleganz, gefällige Spielweise und Schwunghaftigkeit und Fülle des Tones schon bei einer ersten Prüfung unverkennbar hervortreten." Davon konnte sich der Autor anlässlich eines Hauskonzerts mit eigenen Ohren überzeugen.
Aus Anzeigen in Frankfurter Adressbüchern geht hervor, das die "C. A. André'sche Pianoforte- und Musikalienhandlung" 400 bis 500 Pianos, Flügel, Harmoniums und ebensoviele Leihinstrumente (hauptsächlich Mietklaviere) im Lager am Kleinen Hirschgraben 4 vorhielt. Die Musikalien-Leihanstalt umfasste mehr als 100 000 Werke, von denen die beliebtesten in 25 oder sogar 50 Exemplaren vorrätig waren.
Die Umstrukturierungen im Frankfurter Geschäft gingen jedoch ständig weiter. 1864/65 wurde das Haus auf der Zeil an einen Mieter veräußert, die Firma war bis 1872 selbst nur noch Mieter. Parallel baute C. A. André ein Haus am Guiolettplatz, das 1914 abgebrochen wurde. Das Musikaliengeschäft verkaufte er seinem Vetter August Hegar, sein Bruder Julius wurde dort Prokurist. 1868 verlegte C. A. die Klavierfabrik an die Rüsterstraße 16.
Im Jahr 1872 erwarb dann sein Bruder August das Haus Steinweg 7 für 192 000 Gulden. Dorthin zog die Musikalienhandlung; die Klavierfabrik ist im selben Jahr am Guiolettplatz verzeichnet. Da war auch die Wohnung von C. A., der den Betrieb 1874 indes einstellte. Er starb 1886 mit fast 81 Jahren in Frankfurt, acht Monate vor Bruder August in Offenbach.
Die Firma ging später an die Brüder Carl und Adolf André, wobei sich Ersterer um Frankfurt, Letzterer um Offenbach kümmerte. Nach Carls Tod fiel das Eigentum an eine Erbengemeinschaft und wurde um 1935 vom Offenbacher Stammhaus übernommen. Die Zweigstelle in Frankfurt existierte bis zur Kriegszerstörung 1944 am Steinweg, wurde danach an die Goethestraße verlagert und schließlich aufgegeben.