Georg "Joe" Sieber
Artikel Offenbach Post, 7. September 2018:
Georg Sieber tot
Ober-Roden - Rödermark und seine Nachbarstädte sind um ein Original ärmer. Joe – unter seinem bürgerlichen Namen Georg Sieber kannten ihn nur die engsten Angehörigen – ist tot.
Der Mann mit der Jogi-Löw-Frisur starb am Sonntag im Alter von 70 Jahren. Er wird am Montag, 10. September, um 13.30 Uhr auf dem Ober-Röder Friedhof beigesetzt.
Es gibt kaum ein Konzert in Ober-Roden und Urberach, bei dem Joe nicht vor oder auf der Bühne stand und seine Spielzeuggitarre zupfte oder Luftgitarre spielte. Die "Rodgau Monotones" haben ihm das Lied "Joe, ey Joe" gewidmet. Er sei ein ganz besonderer Popstar, heißt es im Text, der den Zuhörern nach Joes Tod einen dicken Kloß in den Hals drücken dürfte. Denn wenn die "Monotones" singen "Hundertmal ham sie hinter deinem Rücken gelacht und dir dann gönnerhaft ein Bier ausgegeben", fühlt sich mancher Festzeltbesucher ertappt.
Joe's Anderssein wurde von vielen belächelt. Bei anderen kam ein mulmiges Gefühl auf, wenn er sie ansprach und zutextete, wie eine Leserin gestern uns gegenüber zugab.
In Dietzenbach hieß Georg Sieber nur der "Toommarkt-Joe", weil er auf dem Parkplatz die Einkaufswagen zusammenschob. Joe lebte Anfang der 2000er Jahre einige Zeit in der Nachbarstadt, nachdem das Haus in der Glockengasse, in dem er wohnte, während einer Silvesternacht völlig ausbrannte. Eine Rakete hatte den Großbrand ausgelöst. Der Verlust war eine von vielen Prüfungen, die Joe während seines Lebens bestehen musste. (lö)
Artikel Offenbach Post, 26. Mai 2021:
Alternatives Zentrum und Oliver Nedelmann halten Erinnerung an Joe alias Georg Sieber wach
Knapp drei Jahre nach dem Tod von Joe würdigen zwei Kulturinitiativen aus Rödermark das Ober-Röder Original, vom dem kaum jemand weiß, dass er Georg Sieber hieß. Das Alternative Zentrum (AZ) und Theatermacher Oliver Nedelmann widmen ihn ein Stück und eine Fotoausstellung.
Rödermark - Der im September 2018 im Alter von 70 Jahren gestorbene Joe war das, was wir etwas verschämt ein "Original" nennen. Joe schob lange beim Toom-Markt in Dietzenbach die Einkaufswagen zusammen, Joe stand bei fast jedem Konzert in der Gegend neben der Bühne und spielte Luftgitarre, Joe liebte es, auf Baustellen mitzuarbeiten, und Joe trug immer Perücken. "Der Typ mit den komischen Haaren" nannten ihn die Rodgau Monotones. Er sei ein ganz besonderer Popstar, heißt es in ihrem Lied, das den Zuhörern nach Joes Tod einen dicken Kloß in den Hals gedrückt hat. Denn wenn die Monotones singen "Hundertmal ham sie hinter deinem Rücken gelacht und dir dann gönnerhaft ein Bier ausgegeben", fühlte sich mancher Festzeltbesucher ertappt.
Das AZ hatte Oliver Nedelmann Ende vorigen Jahres angestoßen, ein Theaterstück über ihn zu schreiben und zu spielen. Mit gehöriger Corona-Verspätung ist es jetzt soweit. Am Freitag, 18. Juni, soll "Joe" Premiere feiern.
Doch schon vorher gibt's im Hof des Nedelmann-Theaters in Urberach (und später auch in Ober-Roden) eine Open-Air-Ausstellung, die an den stadtbekannten Mann mit der schwarzen Perücke erinnert. Der Klingenberger Fotograf Thomas Klewar war während seiner Studentenzeit zwei Jahre lang Joes Betreuer und tauchte so in die Erlebniswelt seines Schützlings ein. Klewars Bilder strahlen Nähe und Authentizität aus und führen uns den Alltag mit Joe vor Augen. (Michael Löw)