Oldie Club Offenbach
Artikel Offenbach Post, 18. Oktober 2013:
Niemand beatet mehr
Der Offenbacher Oldie-Club feiert runden Geburtstag. Seit 20 Jahren haben im Kulturpreisträger des Jahres 2011 die Fans der etwas älteren Rock- und Popmusik eine familiäre Heimat. Von Thomas Kirstein
Der Vorsitzende und der Gründervater müssen nachdenken, als ihre spontane Erinnerung an das unvergesslichste Vereinsereignis gefragt ist. Der städtische Kulturverwalter Günter Doll, dessen Initiative vor 20 Jahren sich der Oldie-Club Offenbach verdankt, nennt einen "Marathon" in Rödermark, bei dem 26 Bands für einen guten Zweck musizierten. Wolfgang Boltes, der aktuelle Chef des OCO, schildert genüsslich besondere Umstände einer frühen "Riverboat-Shuffle".
Als sich bei "gefühlten 50 Grad" am Isenburger Schloss mehr als 550 Oldiefans einfinden, flüchtet ob der Masse entsetzt die Hälfte der Bedienungen vom Fahrgastschiff "Nautilus"; aber niemand muss später verdursten, denn der OCO-Vorstand packt mit an und kellnert fleißig mit.
Eigeninitiative und Zusammenhalt prägen den Verein seit den Anfängen im Frühjahr 1993. Damals hat Günter Doll Mitstreiter für das Unterfangen gesucht, der im Rhein-Main-Gebiet aufblühenden Oldie-Szene auch eine Basis in Offenbach zu schaffen. Erfolgreich, zur Gründungsversammlung treffen sich 47 Gleichgesinnte. Darunter sind Rock’n’Roller Buddy Caine, Sparkassen- mann und Musiker Peter Bauer, Gemaa-Vorsitzender und Veranstalter Erwin Katzer sowie Offenbach-Post Redakteur Klaus Wenk.
Es sind in der Regel Menschen zwischen 40 und über die 60, die sich in diesem Verein wohl und heimisch fühlen. Doll und Boltes betonen das Familiäre in einem harten Kern, dessen Offenheit die Kontaktaufnahme für Neue so einfach mache. Der OCO ist somit beste Adresse, um Gesellschaft zu finden und Einsamkeit zu überwinden. "Im Gegensatz zu manch einer anderen Musikervereinigung sind wir ein richtiger Verein", sagt Günter Doll.
Das manifestiert sich bei rund 30 Veranstaltungen im Jahr, die stets für jedermann offen sind und gut 4000 Leute erreichen. Teils ist der Eintritt frei, denn die Bands im Verein verpflichten sich zu Auftritten ohne Gage.
Orte sind im Sommer das Waldschwimmbad mit dem stimmungsvollen Live-am-Pool-Donnerstagen, im Winter das Bowlingcenter Bieber, das Bürgerhaus Rumpenheim für den Jahresauftakt, der ORV-Saal für die Weihnachtsfeier und Schiffe der Nauheimer-Linie für die beiden Riverboat-Shuffles auf dem Main. Um das Rechnen zu ersparen: Gut 600 Veranstaltungen sind’s seit der Gründung gewesen.
Das "Oldie" im Namen ist längst als verjüngt zu betrachten. Den einstigen musikalischen Kern bildeten lokale Größen wie Steps, Wheap (mit dem 2009 verstorbenen OCO-Motor Wolfgang Papendick), Candles oder Merlin’s Fantasy Farm.
Die auf die 50er und 60er Jahre fixierte Rock’n-Roll- und Beat-Generationen der ersten Stunde müssen zunehmend auch mal spätere, härtere Gangarten tolerieren. Klassik- und Bluesrock ist bereits OCO-Standard, für die Party darf’s auch deutscher Schlager sein. Das zum Motto gereifte Wortspiel darf mit "Niemand!" beantwortet werden: "Wer beatet mehr?"
Erlaubt ist auf den Bühnen des Oldie-Clubs praktisch alles, was schon ein paar Tage auf dem Buckel hat. Bloß für Hiphop oder Techno sehen Günter Doll und Wolfgang Boltes nicht das passende Publikum in ihren Reihen.
Bieber - Werden Verstorbene zu Grabe getragen, ist der Leichenzug oft mit dem "Trauermarsch" von Frédéric Chopin untermalt. Ganz so dramatisch wie der Tod eines Menschen ist das, was das Bieberer Kulturleben hinnehmen muss, nicht.
Von David Heisig
Allerdings verliert der Offenbacher Oldie-Club mit dem Bowlingcenter an der Schlossmühlstraße zum Jahresende eine Kulturstätte. Ebenso der Stadtteil. Und Maritza und Ivo Brandic, Betreiber der dortigen Gaststätte, ihre Lebensgrundlage. Die Abrissbirne wird anrücken. Der Eigentümer hat das Grundstück verkauft, Reihenhäuser sollen entstehen. Bauzäune und Brachland zeugen von dem Bevorstehenden.
Zwölf Jahre und rund 150 Veranstaltungen lang waren die Rock’n’Roller im Bowlingcenter zu Hause. Acht Jahre davon mit den Eheleuten Brandic. "Das war für uns eine schöne Zeit", erzählt der Vorsitzende Wolfgang Boltes. Vor kurzem musste Abschied gefeiert werden. "Wir hätten uns nichts anderes gesucht, wenn das Lokal bestehen bleiben würde", sagt Volker Röhm vom Verein. Aber man brauche wenigstens ein paar Monate Planungssicherheit. Daher geht es ab Januar im Waldeck weiter. "Das hat alles gepasst", sagt er zur Zusammenarbeit mit den Brandics. Die tiefer gehende Erkenntnis, dass der Oldie-Club auch seine Heimat verliert, bescheidet er mit einem knappen Ja. Es sei ein "beklemmendes Gefühl", wenn man auf die zwölf Jahre etablierte Unterhaltung zurückblicke.
Artikel Offenbach Post, 23. April 2016:
Publikumsmagnet muss wirtschaftlichen Überlegungen weichen
Los geht es, wegen der Fußball-EM später als üblich, am 7. Juli. bis September sind sieben Veranstaltungen geplant. © Georg
Offenbach - Eine der erfolgreichsten und ausdauerndsten Musikveranstaltungen Offenbachs muss nach 15 Jahren den Ort räumen, der ihr den Namen gab. Die Wirte geben an, der Erlös lohne nicht mehr den Aufwand. Ersatz ist aber gefunden. Von Thomas Kirstein
15 Jahre lang hat der Offenbacher Oldie-Club (OCO) den Sommer musikalisch mit seiner Reihe „Live am Pool“ bereichert. Live, das waren die dem Kulturpreisträger des Jahres 2011 angeschlossenen Bands, der Pool, das war Becken im Waldschwimmbad des EOSC, die Bühne, das war die Terrasse der angeschlossenen Gaststätte. Die Bilanz des OCO-Vorsitzenden Wolfgang Boltes: mehr als zehn Konzerte im Jahr, insgesamt also über 150, jeweils 200 bis 400 Gäste, die an Donnerstagen von Juni bis September unter freiem Himmel Oldies, Rock, Beat, Soul und Blues von rund 60 Bands erlebten.
Das wird es in diesem Jahr in diesem einmaligen Ambiente nicht mehr geben, die Wirte haben dem Verein praktisch gekündigt. Somit musste der OCO musste für seine Open-Air-Angebote (im Herbst und Winter ist „Am Waldeck“ das Domizil) eine neue Bleibe suchen. Die ist inzwischen gefunden: Jiannis Bagordakis, Wirt des Rosenhöhe-Lokals „Am Rosengarten“ nimmt die Oldie-Freunde ab Juni in seinem Biergarten auf. Der ist so gelegen, dass sich kein Nachbar über aufgedrehte Verstärker beklagen müsste. Im Sommer fast heimatlos geworden wäre der Club, weil die seit 2012 in der EOSC-Gaststätte „Am Waldschwimmbad“ wirkenden Pächter das Geschäft mit den Musikfreunden nicht mehr für lukrativ halten. „Es hat sich nicht gerechnet“, sagt Valeria Gotesdiner, die mit ihrem Mann Sunny erst das Schwimmbad-Lokal zur Pizzeria „Don Pedros“ gemacht hat und es nun als ehrgeiziges Meatcut-Steakhaus führt.
Der Aufwand an Personal, hochwertigen gastronomischen Produkten, Zeltmiete, Essen und Getränken für die Musiker, so erfuhr der Oldie-Club, sei nicht vom Umsatz an den Live-Abenden gedeckt. „Na ja“, meint Ober-Oldie Boltes, „unsere Gäste haben schon anständig gegessen und getrunken.“ Die Argumentation kann er nicht ganz nachvollziehen: „Ob wir nach diversen Bemerkungen während der letzten Veranstaltungen schon so Vorahnungen hatten, war’s für uns ein Schlag ins Gesicht.“ Es hatte auch nichts gebracht, dass sein Club anbot, künftig nicht nur für GEMA-Gebühren, Zelt-Beleuchtung und Bühne zu sorgen, sondern auch die 2000 Euro für das Zelt zu übernehmen.
Nun ist man nicht im Unfrieden geschieden. Der OCO-Vorstand bedankt sich artig bei seinen bisherigen Wirtsleuten Bedauert wird der Zwangs-Abschied des Publikums-Magneten auch beim Eigentümer der Gaststätte. Leider habe der Erste Offenbacher Schwimm-Club keinen Einfluss auf die Entscheidung seiner Pächter. „Alles immer unter dem Deckmantel der Wirtschaftlichkeit zu betrachten und nicht die Intention dieses tollen Projekts weiter zu verfolgen, können wir nicht nachvollziehen“, heißt es in einem Schreiben des EOSC-Vorstands. Als Alternative bot der Schwimmverein die Gaststätte seiner Tennisabteilung an. Doch entschied sich der Oldie-Club letztlich für eine andere „Location“ auf der Rosenhöhe. Statt „Live am Pool“ könnte es jetzt also „Live beim Griechen“ heißen.